Salzburger Nachrichten

Seine Stimme verriet Milliardär­s-Entführer

Kommissar Zufall überführte den Entführer von Milliardär­ssohn Markus Würth. Was Handwerker­arbeiten und Langeweile damit zu tun haben.

- SN, dpa

Der spektakulä­re Entführung­sfall sorgte im Sommer 2015 für Aufsehen in Deutschlan­d: Der damals 50 Jahre alte Sohn des Industriel­len und Milliardär­s Reinhold Würth wird in ländlicher Idylle in Hessen gefangen und verschlepp­t. Einen Tag später wird der behinderte Mann in einem Wald gefunden; unversehrt und an einen Baum gekettet. Zu einer Lösegeldüb­ergabe in Millionenh­öhe kam es nicht. Nun – rund drei Jahre später – haben die Ermittler den mutmaßlich­en Kidnapper gefasst.

Am Donnerstag gab die Polizei neue Details zu dem Fall bekannt. Demnach dürfte dem Kidnapper seine Stimme zum Verhängnis geworden sein. Eine Zeugin habe der Polizei den entscheide­nden Hinweis für die Verhaftung geliefert, sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Gießen, Thomas Hauburger.

Die Frau habe im Jänner ein Fahndungsp­lakat der Polizei zu dem Fall gesehen und „aus Langeweile die Nummer“der Hotline mit dem Mitschnitt angerufen, auf dem ein Anruf des Lösegelder­pressers zu hören war. Die Stimme habe sie an einen Mann erinnert, der zuvor Handwerker­arbeiten bei ihr zu Hause durchgefüh­rt hatte. Die Polizei startete nach dem Hinweis der Zeugin eine intensive Überwachun­g des Verdächtig­en. Es hätten allein 60 Millionen Datensätze aus Funkzellen eine Rolle gespielt. Sprachexpe­rten waren Hauburger zufolge während der wochenlang­en Überwachun­g des Mannes zur Erkenntnis gelangt, dass es sich „mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit“um den Anrufer handelt, der von der Familie Würth das Lösegeld habe erpressen wollen.

Der 48-jährige Serbe sitzt seit Mittwoch in Untersuchu­ngshaft wegen des dringenden Tatverdach­ts des erpresseri­schen Menschenra­ubes. Spezialein­heiten der Polizei hatten den Mann am Morgen in seiner Wohnung in Offenbach festgenomm­en. Der Beschul- digte schweigt bisher zu den Vorwürfen. Der Mann habe sich nach seiner Festnahme wortreich eingelasse­n, aber nicht zur Entführung geäußert, sagte Daniel Muth von der Kriminaldi­rektion Osthessen.

Ebenfalls am Donnerstag gab die Polizei bekannt, dass die Familie des Industriel­len und Milliardär­s Reinhold Würth nach der Entführung nochmals erpresst wurde. Im April 2017 wurden per E-Mail 70 Millionen Euro in Kryptowähr­ung verlangt. Der Erpresser habe gedroht, erneut den behinderte­n Sohn des baden-württember­gischen Schrauben-Milliardär­s oder ein anderes Mitglied der Familie zu entführen. Ob es sich um denselben Täter handelt, ist unklar.

 ?? BILD: SN/APA (DPA)/UWE ZUCCHI ?? Die Polizei am Ort der Entführung im Jahr 2015.
BILD: SN/APA (DPA)/UWE ZUCCHI Die Polizei am Ort der Entführung im Jahr 2015.

Newspapers in German

Newspapers from Austria