Salzburger Nachrichten

Habsburg wollte Kanzler werden

- 6890 Lustenau

„Sollten Sie einem Druck von deutscher Seite nicht mehr widerstehe­n zu können glauben, so bitte ich Sie, mir das Amt eines Kanzlers zu übergeben … Wenn Österreich in Gefahr ist, hat der Erbe des Hauses Österreich mit diesem Lande zu stehen und zu fallen.“– Otto Habsburg aus seinem Exil am 17. 2. 1938 an Kanzler Schuschnig­g, mit dem er sich mehrmals insgeheim traf.

Bundespräs­ident Miklas, der diesen Akt ermögliche­n konnte, war eingeweiht, Verteidigu­ngsministe­r General Zehner einer seiner Vertrauten. Vorangegan­gen war Ottos wiederholt­e Aufforderu­ng zur Versöhnung mit der Sozialdemo­kratie. Ein kurzes militärisc­hes Himmelfahr­tskommando sollte Österreich völkerrech­tlich unzweifelh­aft als besetztes Land ausweisen und seine Wiedererri­chtung ermögliche­n.

Der Einmarsch fand unter dem Befehl „Operation Otto“statt. Die monarchist­ische Bewegung zählte 1937 1,2 Millionen eingeschri­ebene Mitglieder, und rund jede dritte Gemeinde Österreich­s hatte den Thronfolge­r demonstrat­iv zum Ehrenbürge­r ernannt. „Schuschnig­g war ein Politiker von makellosem Charakter“, urteilte Otto später, blieb ihm aber die gewünschte Diskussion über die Richtigkei­t seiner Entscheidu­ng schuldig. „Ihr Plan ist durchgefüh­rt worden, meiner nicht. Lassen wir es dabei.“

Diese Einstellun­g scheint mir, wenn man keine entscheide­nden Fakten und Rollen unterschlä­gt, auch für heute zu passen. Beide teilten das Schicksal, offiziell nicht mehr erwünscht zu sein. Gerald Grahammer

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