Was Chefs durch anderes Zuhören gewinnen
Erkenntnisgewinn gibt es erst beim empathischen Hören mit hoher Aufmerksamkeit.
Es gebe vier Formen des Zuhörens, sagt Otto Scharmer vom MIT in Boston. Die erste nennt der renommierte Berater von Führungspersönlichkeiten in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft „Abspulen und Runterladen“. Nach dem Motto „Ja, ja, das weiß ich schon“hört der Zuhörende gar nicht hin, sondern sieht nur seine bestehenden Urteile und Vorurteile bestätigt. Erkenntnisgewinn null.
Die zweite Form nennt Scharmer „faktisch“. Der Zuhörer schaltet die innere Stimme des Urteilens aus und konzentriert sich auf das, was von seinem bisherigen Wissen abweicht. „Das ist der Modus guter Wissenschaft“, sagt Scharmer.
Die dritte, tiefere Ebene des Zuhörens geht empathisch auf den Redner oder die Rednerin ein: „Oh, ja! Ich weiß genau, wie du dich fühlst.“Das Gespräch wendet sich von den Fakten, von der „Es-Welt“, hin zur „Du-Welt“. Der Hörende beginnt die Welt mit den Augen seines Gegenübers zu sehen.
Erst die vierte Form des Zuhörens ist für Scharmer tatsächlich „schöpferisch“und daher für Führungspersönlichkeiten besonders bedeutsam. Der Hörer nimmt den Gesamtzusammenhang des Gesagten wahr, wodurch sich für ihn neue Zukunftsmöglichkeiten abzeichnen. „Dies bedarf einer Wahrnehmung, die auf dem faktischen und empathischen Zuhören aufbaut und um eine tiefere Qualität von Aufmerksamkeit erweitert wird“, sagt der MIT-Experte. „Am Ende des Gesprächs sind wir nicht mehr die gleiche Person, die das Gespräch begann, sondern wir agieren von einem höheren Energie- und Aufmerksamkeitsfeld aus und sind innerlich unserem eigentlichen Selbst näher gekommen.“
Dieses schöpferische Zuhören ist nach Ansicht von Scharmer die Grundlage dafür, Muster der Vergangenheit loszulassen, eine im Entstehen begriffene Zukunftsmöglichkeit wahrzunehmen und in neue Handlungsfelder zu gehen. Führungspersönlichkeiten könnten aus dieser schöpferischen Form des Zuhörens den höchsten Erkenntnisgewinn erzielen. 5. Salzburger Achtsamkeitsforum mit Otto Scharmer über Techniken und Praxis kollektiver Achtsamkeit in großen Gruppen kommenden Montag, 19. März, 9.30–17.30 Uhr, St. Virgil. Veranstalter: Die Verbände für Achtsamkeit und Mindfulness in Deutschland und Österreich (VFAM, ÖBAM). Anmeldung/Tickets: