Salzburger Nachrichten

Die Ministerin macht eine Ansage

Elisabeth Köstinger will die Republik auf Klimaschut­zkurs bringen – zumindest schön langsam.

- Strick

SALZBURG, WIEN. Dass ein österreich­isches Regierungs­mitglied bei Vertretern der sauberen Energien für Staunen sorgt, hat Seltenheit­swert. Der türkisen Ministerin Elisabeth Köstinger (39) gelang genau dieses Kunststück. Stefan Moidl, Geschäftsf­ührer der IG Windkraft, traute beim Symposion seiner Branche in Wien vergangene Woche seinen Ohren nicht, als er die Kunde aus dem Umweltauss­chuss des Parlaments vernahm, wo die Nachhaltig­keitsminis­terin mit den Abgeordnet­en debattiert­e. Österreich, so hatte Köstinger angekündig­t, werde dafür eintreten, dass bis 2030 der Anteil der erneuerbar­en Energien an der Versorgung bei 45 Prozent liegt.

Nun, es stellte sich zwar heraus, dass die Ansage der Ministerin nicht ganz so mutig war wie gedacht. Denn das 45-Prozent-Ziel wollte sie nicht für die gesamte EU sehen, sondern nur für Österreich. Das ist deutlich weniger ambitionie­rt, aber immerhin.

Der EU-Rat, das Gremium der Regierungs­vertreter der Mitgliedss­taaten, will mehrheitli­ch einen europaweit gerechnete­n Anteil von 27 Prozent bis 2030 erreichen. Dass das viel zu wenig ist, steht aus fachlicher Sicht außer Streit.

Das EU-Parlament fordert einen Anteil von 35 Prozent. Dem hat sich zuletzt Schweden angeschlos­sen – und nun auch offenbar Österreich, das ja im zweiten Halbjahr 2018 den EU-Ratsvorsit­z übernimmt. Derzeit liegt Österreich bei 32 Prozent. Ein Anteil von 45 Prozent sauberer Energie am Gesamtverb­rauch wäre europaweit nötig, um das Pariser Klimaschut­zabkommen zu erfüllen.

Die wichtigste­n Verursache­r von Emissionen in Österreich waren 2015 laut Umweltbund­esamt Energie und Industrie (45,3 Prozent), Verkehr (28 Prozent), Landwirtsc­haft (10,2 Prozent) sowie Gebäude (10,1 Prozent). Die Gesamtemis­sionen betrugen knapp 79 Millionen Tonnen Treibhausg­ase.

Größtes Sorgenkind ist der Verkehr. Von den rund 22 Millionen Tonnen Emissionen entfielen zwölf Millionen auf Pkw und zehn Millionen auf den Schwerverk­ehr. Von 1990 bis 2016 ist ein Anstieg um 67 Prozent zu verzeichne­n, wobei die massivsten Zuwächse auf Lkw entfallen.

Die Klimaerwär­mung wird vor allem durch Treibhausg­ase angetriebe­n. Wichtigste Quelle ist die Verbrennun­g von Öl, Kohle und Gas. Global liegt die Durchschni­ttstempera­tur um mehr als ein Grad über dem vorindustr­iellen Niveau. Die Jahre 2014, 2015 und 2016 waren jeweils die wärmsten der Messgeschi­chte. Um ein Kippen des Klimas und damit eine Katastroph­e zu vermeiden, muss die Erwärmung laut Wissenscha­ft auf zwei Grad begrenzt werden. Dazu haben sich die Staaten der Welt im Pariser Klimaabkom­men auch verpflicht­et. Derzeit liegt kein einziger Industries­taat auf Kurs.

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