Finanzminister fordert Reform der Pensionen
Das erste Budget der neuen Regierung: Ankündigungen und erste Bruchlinien.
Exakt 75 Minuten dauerte die Rede, mit der Finanzminister Hartwig Löger am Mittwoch dem Nationalrat das Doppelbudget für die Jahre 2018/2019 erläuterte. Heuer will der Minister ohne neue Schulden auskommen, nächstes Jahr solle sogar – erstmals seit 1954 – ein kleiner Überschuss erzielt werden, sagte der Minister.
Und noch mit einer zweiten Ankündigung ließ Löger aufhorchen: Bei den Pensionen werde man „nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig neue Ideen“entwickeln müssen: „Ich appelliere an alle Mitglieder des Hohen Hauses, dieses Thema auch wirklich ernst zu nehmen“, sagte der Minister. Es genüge nicht, „den Österreichern vorzugaukeln, dass die Pensionen nachhaltig sicher sind“.
Für die laufenden Budgets hat Löger nur eine relativ kleine Pensionsreform vorgesehen. Und zwar eine Anhebung des Antrittsalters für die Altersteilzeit. Dieses liegt derzeit bei 58 Jahren für Männer und 53 Jahren für Frauen. 2019 und 2020 soll das Antrittsalter um jeweils ein Jahr steigen (also auf 60 für Männer und 55 für Frauen). Dass Reformbedarf bei den Pensionen besteht, lehrt ein Blick auf die Budgetzahlen. Österreich gibt mit 19 Mrd. Euro fast ein Viertel seiner Einnahmen für die Pensionen aus. 9,25 Milliarden kosten die Beamtenpensionen, 9,57 Milliarden Euro schießt der Staat zur Pensionsversicherung zu.
Indes werden auch die ersten Bruchlinien im Budget sichtbar. Zur Abgeltung der Mehrkosten, die durch die Abschaffung des Pflegeregresses entstehen, sind im Budget nur 100 Millionen Euro vorgesehen. Eine Studie, die der Städtebund dieser Tage vorgelegt hat, geht aber von Mehrkosten von 650 Millionen aus.
Auch beim Bundesheer könnte es zu Mehrkosten kommen. Verteidigungsminister Mario Kunasek teilte am Mittwoch mit, dass er mit dem Finanzministerium um zusätzliches Geld für das Bundesheer verhandle. Es gehe darum, „notwendige, erforderliche Beschaffungen, wie etwa die Erneuerung der Hubschrauberflotte oder die Neubeschaffung geländegängiger Fahrzeuge zu ermöglichen“, hieß es im Verteidigungsressort.
An Steuererleichterungen sieht das Budget den Familienbonus und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen vor. Weitere Steuererleichterungen sollen später folgen. Wie Löger in seiner Budgetrede betonte, verfolgt die Regierung weiter das Ziel, die Abgabenquote ebenso abzusenken wie die Staatsschulden.
Mit strengem Blick und rotem Stift in der Hand. So verfolgte Bundespräsident Alexander Van der Bellen von der Besuchergalerie aus die Budgetrede von Finanzminister Hartwig Löger. Welche Note der emeritierte Volkswirtschaft-Professor Van der Bellen dem Politikquereinsteiger Löger gab, wird ein Geheimnis bleiben.
„Geh kummts“, so mahnte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zuvor etwas launisch die Mandatare zur Ruhe und gab Löger das Wort für dessen erste Budgetrede. 75 Minuten lang erklärte der neue Finanzminister am Mittwoch vor dem Nationalrat, wie sich die Regierung das Budget für die kommenden Jahre vorstellt. Lögers Feuertaufe brachte dabei wenig Überraschendes für die Zuhörer. Der Leitsatz „Keine neue Schulden“war bereits im Wahlkampf als Leitspruch zu hören.
„2019 wird der Bund erstmals seit 65 Jahren mehr einnehmen, als er ausgibt.“Das Ziel der berühmten „schwarzen Null“im Haushalt sei damit erreicht. Die Politik der letzten Jahrzehnte habe laut dem von der ÖVP eingesetzten Löger unglaubliche 290 Mrd. Euro an Staatsschulden aufgebaut. Dass Löger mit dieser Aussage zahlreiche ÖVP-Finanzminister kritisierte, wird einigen seiner Vorgänger daheim vor den Fernsehgeräten nicht gerade gefallen haben.
Vor allem die Opposition schäumte angesichts des neuen Budgets. Schon während der Rede wurden kräftig Aussendungen an die Journalisten verschickt. Zahlen kursierten, Interviews wurden eingefädelt. Vertreter der Gewerkschaft und Sozialpartner lauschten aufmerksam von der Besuchergalerie aus und machten sich Notizen. Budgetreden sind Großkampftage im Parlament. Schließlich geht es um nichts Geringeres als um die Deutungshoheit der berühmten „in Zahlen gegossenen Politik“.
SPÖ-Chef Christian Kern trat nur wenige Minuten nach Lögers Rede vor die Kameras und sprach davon, dass das angebliche Vorhaben der Regierung, „im System zu sparen“, der Realität nicht standhalte. „Hier wird bei den Menschen gekürzt“, bei älteren Arbeitslosen etwa. Abschließend gab der Ex-Bundeskanzler noch medienwirksam diesen Satz zum Besten: „Der Finanzminister hat mit dieser Rede den KarlHeinz-Grasser-Anerkennungspreis verdient.“Härtere Kritik aus SPÖMund ist kaum denkbar. Neos-Chef Matthias Strolz legte nach und sagte: „Wir hätten auch einen Hydranten hinstellen können als Finanzminister, auch der käme auf ein Nulldefizit.“Strolz spielte damit auf die gute Wirtschaftslage an, die der Regierung in der Budgetpolitik in die Hände spielt.
Auf der Besuchergalerie zeigten sich manche Bürger kopfschüttelnd angesichts der großen Summen. „Da wird über die Milliarden gesprochen, als wäre das ein Jausengeld. Das kann sich ja niemand vorstellen“, erklärt ein älterer Herr.
Kurz zuvor hatte sich Finanzminister Löger bei den Zuhörern dafür entschuldigt, dass er nun technischer werden müsse, blieb in den Details aber angenehm verständlich und klar. Nur ab und zu verrannte er sich in Stilblüten: „Wir werden Zöpfe abschneiden, die vielleicht über Jahre und Jahrzehnte zu einem angenehmen Nebeneffekt geführt haben.“
Lief die Rede am Mittwoch noch relativ gesittet ab, wird für heute, Donnerstag, eine hitzige Debatte erwartet.
„Hier wird bei den Menschen gekürzt.“Christian Kern, SPÖ-Chef