Was fehlt, ist eine Generalinventur
Finanzminister Hartwig Löger legte ein solides erstes Budget vor. Jetzt warten wir noch auf die wirkliche Budgetsanierung.
Ob der neue Finanzminister da nicht ein wenig hoch gegriffen hat? „Wir starten in eine neue Zukunft. Es beginnt eine gute, neue Zeit“– diese beiden Sätze stellte Hartwig Löger am Mittwoch im Nationalrat an den Beginn seiner ersten Budgetrede, die im Übrigen von schönen Begriffen wie „nachhaltig“, „langfristig“und „Leistung“geprägt war. Finanzminister Löger präsentierte das solide Budget einer Mitte-rechtsRegierung mit dem ambitionierten Ziel, keine neuen Schulden mehr zu machen, die Staatsschulden abzubauen und auch die Abgabenlast zu senken. Lohnarbeit soll sich wieder lohnen. Kein Sozialhilfebezieher soll ein höheres Einkommen erzielen als ein arbeitender Mensch. Das reale Pensionsalter soll sanft angehoben werden. Familien werden entlastet. Weitere steuerliche Entlastungen sollen folgen.
So weit, so sinnvoll und dank Hochkonjunktur auch finanzierbar. Die vom Minister avisierte „neue Zukunft“zeichnet sich indes erst in zarten Ansätzen ab. Denn was auch die türkis-blaue Regierung in all ihrer Neuerungslust bisher nicht lösen konnte, ist das strukturelle Problem unseres Staatshaushalts. Immer noch geht der mit Abstand größte Ausgabenbrocken in die Pensionen. Mit immer noch steigender Tendenz. Die Ausgaben für Bildung, Familien und Arbeit folgen erst mit großem Respektabstand. Mit noch mehr Abstand folgen Wissenschaft und Forschung. Hier ist eine langfristige Umpositionierung notwendig, die in dem von Löger vorgelegten Doppelbudget 2018/2019 noch nicht erkennbar ist.
Von einer Föderalismusreform, einem Abbau unnötiger Regelungen, einer Ermutigung unternehmerischen Denkens ist in diesem Doppelbudget noch nicht wirklich die Rede. Der Umbau, der hier notwendig wäre, geht über eine Budgetsanierung weit hinaus. Nicht nur das staatliche Handeln, auch die Einstellung der Bürgerinnen und Bürger müsste einer Generalinventur unterzogen werden. Ein Staat, der seinen Untertanen vorschreibt, wann und wie viel sie arbeiten dürfen, bei welcher Krankenkasse sie sich versichern müssen und in welchem Monat Wirtsleute ihre Schanigärten aufsperren dürfen, setzt zwangsläufig zu viel Verwaltungsspeck an. Und auch umgekehrt: Bürger, die all das und noch viel mehr von ihrem Staat erwarten, werden für einen Umbau des Staates nicht wirklich zu gewinnen sein. Schade, denn ein schlankerer Staat würde das Budget ganz von allein sanieren.
Lögers Budget ist ein guter Schritt. Aber nur dann, wenn weitere Schritte folgen.