Spaniens Zentralregierung kann sich zurücklehnen
Drei Monate nach der Wahl ist Katalonien noch immer ohne Regionalregierung. Die Separatisten verlieren in Umfragen.
Die Sondereinheit der Polizei, die von Madrid geschickt worden war, ist abgezogen. Der Unabhängigkeitskonflikt in Katalonien hat sich beruhigt. Die Sorge, dass Spannungen bei Protesten in Gewalt umschlagen könnten, ist verschwunden. Zwar ziehen immer noch regelmäßig Demonstrationen durch die Straßen Barcelonas. Doch die Bewohner haben sich an diese Kundgebungen gewöhnt.
Dafür wird auf dem politischen Parkett hart gekämpft. Vor allem im Lager der Separatisten. Ihre drei Parteien gewannen zwar im Dezember mit 47,5 Prozent der Stimmen die knappe Mehrheit der Mandate im Regionalparlament. Aber eine Regierungsbildung scheiterte an internen Streitereien.
Als eines der Hindernisse für ein Ende der Blockade gilt jener Mann, der Katalonien in die Krise steuerte. Carles Puigdemont, der frühere Ministerpräsident, verzichtete inzwischen zwar auf seinen Anspruch, erneut das Amt zu übernehmen. Aus der Ferne – Puigdemont ist vor der spanischen Justiz nach Brüssel geflüchtet – versucht er aber weiter die Fäden zu ziehen, was die Regierungsbildung erschwert.
So brachte Puigdemonts Ersatzvorschlag, seinen Vertrauten Jordi Sànchez zum Ministerpräsidenten zu küren, nur eine weitere Verlängerung des katalanischen Stillstands: bisher Sànchez sitzt wegen des Vorwurfs, einen Aufruhr angestachelt zu haben, in U-Haft.
Wie könnte es also weitergehen? Vermutlich wird Puigdemont, der mit seiner Wahlliste Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien) den Ton im Lager der Separatisten angibt, früher oder später einen unbelasteten Kandidaten für das Regierungsamt ins Rennen schicken müssen. So wie es die zweitgrößte Unabhängigkeitspartei, Esquerra Republicana (Republikanische Linke), schon länger verlangt, um endlich aus der Sackgasse zu kommen. Puigdemont müsse mehr Realismus zeigen, heißt es bei Esquerra.
Aber es gibt noch ein Problem: Der dritte Partner der Separatisten, die Antisystempartei CUP, will nur einen Kandidaten akzeptieren, der an der Abspaltung Kataloniens festhält. Doch die Fortsetzung dieses Kurses wird vom moderaten Teil der Ralph Schulze berichtet für die SN aus Spanien Bewegung kritisch gesehen – dies würde die kommissarische Verwaltung Kataloniens durch Madrid nur verlängern, heißt es. Spaniens Zentralregierung hatte Ende Oktober Puigdemonts Separatistenregierung entmachtet. Zuvor hatte Puigdemont ein illegales Referendum über die Unabhängigkeit und eine einseitige Abspaltungserklärung durchgesetzt. Bis eine neue Regionalregierung im Amt ist, wird Katalonien von Madrid aus verwaltet – was zu funktionieren scheint.
Spaniens Regierung kann sich zurücklehnen und abwarten, ob sich die Separatisten zusammenraufen. Sollten sie dies nicht bald schaffen, sind Neuwahlen nicht ausgeschlossen. Dann könnten die Karten neu gemischt werden. Nach der neuesten Umfrage des katalanischen Statistikamts CEO wollen 40,8 Prozent der Katalanen die Abspaltung ihrer Region von Spanien – im Herbst waren es 48,7 Prozent.