Männer, die auf einen Garer starren
Miele hat einer handverlesenen Schar von Haubenköchen ihren Dialoggarer vorgeführt. Dieses revolutionäre Gerät ist so leicht zu bedienen, dass jeder Dilettant Haubenkoch werden kann. Die Profis waren fasziniert und reserviert zugleich.
Die Jeunes Restaurateurs sind die junge Kochelite Österreichs. So steht es auf ihrer Homepage. Und so ist es auch. Allesamt sind sie Könner ihres Fachs. Ihnen gehört die Zukunft. Um sich gegenseitig auszutauschen, treffen sie sich zwei Mal jährlich. Heute tun sie das in der Miele-Galerie in Wals. Jürgen Vigne vom Restaurant Pfefferschiff sagt: „Wir tauschen uns da immer aus und sind froh, dass wir mit unseren Problemen nicht allein sind. Wenn Sie so wollen, dann sind wir eine lustige Selbsthilfegruppe“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Miele ist Sponsor der Jeunes Restaurateurs. Deshalb gibt es heute eine Vorstellung des Dialoggarers. Für die Köche ist das eine willkommene Abwechslung. Für die vortragende Produktmanagerin Sabine Raab ist es eine Mission. Sie startet ihre Präsentation mit einem kurzen Einführungsfilm. Zu dramatischer Musik taucht der Satz auf: „Werden Sie Teil der Revolution.“Jürgen Vigne zieht die Augenbrauen hoch. Eigentlich wollte er nur einen angenehmen Tag verbringen.
Die nächsten Überschriften: „Täglich Sterneküche“, „Überlegene kulinarische Performance“und „Bis zu 70 Prozent schneller“. Vigne zieht die Augenbrauen hoch und sagt: „Wow! Fast Sterne Food.“Jetzt ist Andreas Döllerer dran. Der Dreihaubenkoch hat sich für Miele mehr als 100 Gerichte ausgedacht. Der Dialoggarer ist nämlich – vereinfacht gesagt – ein mit Handytechnik aufgerüsteter Backofen. Döllerers bislang bekanntestes Gericht ist ein Fischfilet, das im Eisblock gegart wird. Das Bild ging bei der Präsentation im September 2017 um die Welt: Denn der Fisch war perfekt gegart – und das Eis blieb eiskalt. „Das hat zwar keinen kulinarischen Mehrwert“, sagt Döllerer. Aber cool sei es schon.
Jetzt ist wieder Raab dran. Sie referiert, dass dieses Gerät mit elektromagnetischen Wellen im Bereich von „so um 900 Megahertz“gart. Das ist klug: Bei „so um 900“denken Männer automatisch an den 911er Porsche. Das ist ein guter Trick, um Aufmerksamkeit zu generieren. Dass die „so um 900 Megahertz“aber fast nix seien, das erkenne man schon daran, dass WiFi satte 2450 Megahertz benötige. Wir erfahren auch noch, dass ein Garagentorsender mit 433 Megahertz arbeitet. Jetzt hat der Koch Josef Floh einen kleinen Einwand. Er fällt allein schon deshalb auf, weil er einen Strohhut trägt. Daheim ist er in Langenlebarn und kochen tut er gern mit Zutaten, die er im Umkreis von nur 66 Kilometern findet. Und Floh sagt jetzt: „Entschuldigung: Nur fast 1000 Megahertz sind trotzdem 1000 Megahertz mehr.“Das wirft Frau Raab nicht aus der Umlaufbahn. Sie verweist auf die abschirmende Backofentür. Das klingt ein bisschen nach James Bond – oder an Hitzekacheln eines Raumschiffs.
Döllerer legt ein Kalbsfilet im Serranomantel mit Zucchini, Tomaten und Pilzen nach. Er schiebt die Zutaten rein und nach 45 Minuten wieder raus. Alle Zutaten sind zeitgleich fertig. Stimmt, das ist eine Revolution. Seit Jahrhunderten sind Köche mit Geräten wie Herd, Grill, Fritteuse, Fleischwolf und Rührmaschine ausgekommen. In den letzten Jahren kamen Pastamaker, Soupmaker, Pacojets, Thermomixer und Riesendampfgarer dazu. Das war eine Evolution. Aber diesen Dialoggarer kann jeder kulinarische Dilettant per Knopfdruck bedienen.
Dieses Gerät macht auch keine Fehler. Alles wird immer so schmecken, wie sich das die Miele-Küche ausgedacht und programmiert hat. Zum Schluss fragt Thomas Dorfer vom Landhaus Bacher in Mautern noch nach dem Preis. „7900 Euro“, sagt Raab. Allgemeine Heiterkeit bricht aus. Die Haubenköche fühlen sich offensichtlich wie auf einem anderen Stern. Jürgen Vigne sagt zum Abschied noch: „Ich bräuchte ja nicht einmal die Zeitersparnis. Die brächte meinen angenehmen Zeitplan durcheinander.“Mit dieser Einstellung erinnert er an einen Text des „Spiegel“Autors Nils Minkmar, der in seinem Buch „Das geheime Frankreich“seinen französischen Großvater so beschrieb:
Er erkannte, wenn er bestellte und den Teller studierte, ob die Köche seine Sicht der Welt teilten ... Er befragte seine Teller regelrecht: Gibt es noch einen Sinn dafür, die Schönheit des Lebens angemessen zu würdigen – oder wird alles der Geldvermehrung, sinnlosen Kochmoden oder sonst einer Ideologie untergeordnet? Gute Frage.
Minkmars Opa hat eben noch den Dialog gesucht – ihm hat ein Megaherz gereicht.