Am Ende haben sich alle wieder lieb
Ein letztes Mal trat der Landtag in dieser Konstellation zusammen – Selfies, Smoothies und verbale Umarmungen inklusive.
„Wenn wir uns jetzt beweihräuchern, ändert sich in Zukunft nichts.“Karl Schnell, seit 1992 im Landtag
SALZBURG. Zeugnisverteilung und Ausblick – so lautete das Thema am Mittwoch im Landtag. Es war nach fünf Jahren SchwarzGrün die letzte Sitzung vor der Landtagswahl am 22. April. Bei einigen Abgeordneten hieß es deshalb Abschied nehmen – etwa für Otto Konrad, Niki Solarz oder Fritz Wiedermann. Bei einigen ist es noch nicht sicher, ob sie nach der Wahl wieder im Landtag Platz nehmen dürfen – etwa bei Karl Schnell, Hans Mayr oder Cyriak Schwaighofer.
Ein bisschen hatte man das Gefühl, dass die große Polit-Familie wehmütig auf die letzten fünf Jahre zurückblickt. Auch wenn manchmal scharfe Worte vom Rednerpult donnerten (Stichwort: Tempo 80) – am Mittwoch waren Misstrauensanträge und Frontalattacken vergessen. Stattdessen hatten sich alle wieder lieb. Bei den „Hinterbänklern“schwätzten Mandatare wie beim Familienessen. In mehreren Reihen zückten Abgeordnete ihr Handy und hielten den Augenblick mit einem Selfie fest, um ihn im nächsten Moment im politischen Familienalbum namens Facebook zu verewigen.
Nur kurz war am Mittwochvormittag mit der 380-kV-Leitung das Inhaltliche noch einmal präsent. Das personifizierte „Gewissen“des Salzburger Landtages, Karl Schnell (FPS), schritt in gewohnter Manier zur Tat, und sprach drauflos: „Des schau i ma on, wenn mia olle nach Wien foan und die Leitung verhindern wolln.“Karl Schnell bot sogar an, die Zugkarten zu finanzieren. Landeshauptmann Wilfried Haslauer warf ein, er nehme bitte ein Seniorenticket. „Ja, machst du den Lokführer und ich heize hinten ein“, sprach Schnell und setzte sich wieder hin. Er sollte später noch weitere drei Reden an diesem Vormittag halten.
Der Landeshauptmann zog am Mittwoch seine Bilanz: „Die fünf Jahre sind verflogen. Es ist Zeit für die Zeugnisverteilung, aber das ist nicht Aufgabe der Politik, sondern der Wählerinnen und Wähler.“Er sei in den vergangenen fünf Jahren um Verbindung und Ausgleich bemüht gewesen, „nicht um Ausgrenzung und darum, sich gegenseitig schlechtzumachen“. „Wir waren fleißig, wir haben viel gearbeitet.“Haslauer zählte die Strukturreform, die Raumordnung, die Doppik, Talentecheck, Impulspaket, Budgetsanierung, Deregulierungspakete und „keinen sozialen Kahlschlag“als Leistungen auf. Aber er lobte auch die Opposition für einen wertschätzenden Umgang und konstruktive Kritik. „Es war nicht immer leicht. Ich bedanke mich für die Fairness. Es waren fünf gute Jahre für Salzburg“, sagte Haslauer, während Koalitionspartnerin Astrid Rössler ihren selbst gemachten, undefinierbar grünen Smoothie auf der Regierungsbank trank.
Rössler sparte auch nicht mit Harmoniebekundungen. Sie habe sich vor fünf Jahren gewünscht, jede Landtagssitzung ohne Gram zu verlassen. „Ich kann mit Zufriedenheit sagen, dass mir das gelungen ist.“Politik sei kein Wunschkonzert, meinte die Grünen-Chefin in Anspielung auf die 380-kV-Leitung. Als Erfolge listete sie den Energie-Masterplan, die Kinderbetreuung, das Müllgesetz oder neue Tickets im Verkehr auf. Auch im Umweltschutz habe sich vieles verbessert. „Die Luft ist besser geworden.“Damit meinte sie wohl nicht nur die klimatischen Bedingungen innerhalb der Landesregierung, sondern hauptsächlich Tempo 80 auf der Stadtautobahn. Von Haslauer gab es lautstarken Applaus und eifriges Kopfnicken für Rösslers Rede. Ein Signal an Schwarz-Grün II? ÖVP-Abgeordneter Michael Obermoser hatte in seiner „Zeugnisverteilung“jedenfalls nichts dagegen. „Dieser Regierung sage ich: Sitzen bleiben, Periode wiederholen!“
Selbst SPÖ-Chef Walter Steidl war am Mittwoch nicht nach einem Rundumschlag zumute. Leise Kritik an Wohnbauförderung