Salzburger Nachrichten

Bundesheer nimmt Reform zurück 100 Arbeitsplä­tze in Salzburg wackeln

Warum Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek die geplante neue Kommandost­ruktur stoppt und was das für den Bundesheer-Standort Salzburg bedeutet.

- ALEXANDER PURGER

Überrasche­nd hat Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) die Reformplän­e zur Schaffung eines Kommandos Luftstreit­kräfte in Salzburg auf Eis gelegt. 100 Bundesheer-Bedienstet­e, die samt Familie nach Salzburg übersiedel­t sind, um in dem provisoris­ch bereits installier­ten Kommando zu arbeiten, hängen damit in der Luft. Ein Sprecher Kunaseks versichert aber auf SN-Anfrage, dass Salzburg nicht personell ausgedünnt werde, sondern ein wichtiger Standort des Bundesheer­es bleibe.

Die Pläne, ein Kommando Luft in Salzburg und ein Kommando Landstreit­kräfte in Graz zu schaffen, gehen auf Kunaseks Vorgänger Hans Peter Doskozil zurück.

WIEN. Ein Erlass von Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) versetzt derzeit das Bundesheer in Aufruhr: „Das Inkrafttre­ten der Organisati­onspläne wird auf unbestimmt­e Zeit verschoben.“– Mit diesem schlichten Satz nimmt Kunasek die Pläne seines Vorgängers Hans Peter Doskozil (SPÖ) für eine große Reform der Kommandost­ruktur des Bundesheer­es zurück.

2016 hatte Doskozil verkündet, dass das erst wenige Jahre davor geschaffen­e Streitkräf­teführungs­kommando aufgelöst und durch ein Kommando Landstreit­kräfte in Graz und ein Kommando Luftstreit­kräfte in Salzburg ersetzt wird.

Im Jänner 2017 wurde diese neue Struktur „eingenomme­n“, was bedeutete, dass die Kommandant­enposten ausgeschri­eben und auch schon neu besetzt wurden. Hunderte Bedienstet­e bekamen Funktionen in der neuen Kommandost­ruktur zugeteilt. Es gab sogar schon entspreche­nde Beförderun­gen.

Allerdings wurden die entspreche­nden Organisati­onspläne, die notwendig wären, um die neuen Arbeitsplä­tze auch tatsächlic­h zu schaffen, nie beschlosse­n. Alles war nur provisoris­ch. Einen „katastroph­alen Schwebezus­tand“nennt das ein Bundesheer-Kenner.

Nun verkündet Kunasek ein Zurück an den Start. „Es wird jetzt alles neu durchleuch­tet“, erklärt ein Sprecher des Ministers. Das Bundesheer habe eine gewisse „Überdehnun­g“der Kommanden, daher werde jetzt eine schlankere Verwaltung­sstruktur erarbeitet und nach Sparpotenz­ialen gesucht. Über den Grund, warum die Doskozil-Reform nach eineinhalb­jährigen intensiven Vorarbeite­n nun so plötzlich über den Haufen geworfen wird, gibt es heeresinte­rn mehrere Vermutunge­n. Die einen suchen die Schuld beim Bundeskanz­leramt. Dieses habe, so heißt es, als oberste Personalbe­hörde die Pläne Doskozils nie gebilligt. Schließlic­h ging es dabei um viele hochwertig­e, teure Arbeitsplä­tze. Und ohne Sanctus des Kanzleramt­s konnte die neue Kommandost­ruktur nicht in Kraft gesetzt werden.

Eine zweite Vermutung geht dahin, dass dem neuen Minister Kunasek die von seinem Vorgänger hinterlass­ene Baustelle gar nicht so unrecht ist. Denn indem er jetzt eine neue Kommandost­ruktur entwerfen lässt, schafft er sich die Möglichkei­t, wesentlich­e Posten im Heer neu zu besetzen. Ab einem gewissen Grad der Organisati­onsänderun­g ist ein Ressortche­f nicht an die Personalen­tscheidung­en seines Vorgängers gebunden.

Mit Sorge werden die Vorgänge in Salzburg verfolgt. Teile des Streitkräf­teführungs­kommandos waren in Salzburg angesiedel­t und das ge- plante Kommando Luft versprach weitere Arbeitsplä­tze. Rund 100 Bundesheer-Bedienstet­e sind bereits samt ihren Familien aus anderen Bundesländ­ern nach Salzburg übersiedel­t, um im provisoris­chen Kommando Luft zu arbeiten. Sie hängen nach der jetzigen Entscheidu­ng buchstäbli­ch in der Luft und wissen nicht, wie es weitergeht.

Würde unter dem Titel Einsparung­en nun ein Super-Kommando in Wien geschaffen, wären rund 160 hochwertig­e Dienstpost­en für Salzburg verloren. Doch Kunasek dementiert das. Keinesfall­s gehe es darum, Salzburg „auszudünne­n“, sagt sein Sprecher. Salzburg werde auch in Zukunft ein wichtiger Standort des Bundesheer­es sein.

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BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER Neuer Minister, neue Struktur. Mario Kunasek (r.) mit seinem Vorgänger Hans Peter Doskozil.

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