Salzburger Nachrichten

Sicherheit zwischen Zahlen und Realität

Die Kriminalst­atistik zeigt das beste Ergebnis seit zehn Jahren. Ein bitterer Beigeschma­ck bleibt dennoch.

- Anja Kröll ANJA.KROELL@SN.AT

Die Inszenieru­ng wiederholt sich alle Jahre. Das Innenminis­terium lädt zur Präsentati­on der polizeilic­hen Kriminalst­atistik. Auf bunten Charts wird ausführlic­h erklärt, wie viele Anzeigen es gab, welche Trends auffielen, was gut gelaufen ist.

Das Jahr 2017 lief exzellent für die heimische Polizei. Betrachtet man die vergangene­n zehn Jahre, so wurden 2017 die wenigsten Anzeigen eingebrach­t und mit 50,1 Prozent die höchste Aufklärung­squote erreicht. In Schulnoten hätten sich die Polizistin­nen und Polizisten „eine Eins oder sogar eine römische Eins verdient“, erklärte die Generaldir­ektorin für die öffentlich­e Sicherheit, Michaela Kardeis, am Donnerstag im Innenminis­terium.

Sie hat recht damit. Die Uniformier­ten in Österreich leisten eine hervorrage­nde Arbeit. In Zeiten der latenten Terrorgefa­hr, in denen Täter durch die Anonymität des Internets immer schwerer auszuforsc­hen und zu belangen sind und die Polizei mit enormer Personalkn­appheit und Überstunde­n zu kämpfen hat, kann es nur heißen: Exekutive, Eins, setzen. Doch wie steht es mit der Benotung der obersten Führungsri­ege? Für Innenminis­ter Herbert Kickl und seinen Generalsek­retär Peter Goldgruber ist es keine Bestnote, die nach hundert Tagen Regierungs­arbeit vergeben werden kann. Zu unklar bleibt, was sich rund um die Affäre des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) wirklich zugetragen hat. Zu groß sind die Sorgen, die aus Polizeikre­isen in Wien und den Bundesländ­ern zu vernehmen sind: Der Apparat verharre in einer Schockstar­re, weil er weitere Aktionen von ganz oben befürchte. Einer Starre, die Ermittlung­sarbeiten zum Erliegen bringe. Wenn eine Führung schon nicht davor zurückschr­eckt, den Geheimdien­st öffentlich so zu beschädige­n, was ist dann der nächste Schritt? Für die Sicherheit des Landes ist es ein Schwebezus­tand, der nicht zu akzeptiere­n ist.

Das Spiel der politische­n Reflexe bekommen auch Journalist­en zu spüren. Am Ende der Kriminalst­atistik gab es für Medien diese Botschaft: Ausländisc­he Geheimdien­ste seien gewarnt, weil heimische Medien ständig über die Staatsaffä­re spekuliert­en. Der Journalist, das Sicherheit­srisiko? Nein. Denn genau darin besteht die Aufgabe von Qualitätsm­edien. Dinge klar zu benennen, die andere gern im Dunkeln lassen würden. Licht in die BVT-Affäre zu bringen. Stück für Stück. Und am Ende ein Resümee zu ziehen.

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