Sicherheit zwischen Zahlen und Realität
Die Kriminalstatistik zeigt das beste Ergebnis seit zehn Jahren. Ein bitterer Beigeschmack bleibt dennoch.
Die Inszenierung wiederholt sich alle Jahre. Das Innenministerium lädt zur Präsentation der polizeilichen Kriminalstatistik. Auf bunten Charts wird ausführlich erklärt, wie viele Anzeigen es gab, welche Trends auffielen, was gut gelaufen ist.
Das Jahr 2017 lief exzellent für die heimische Polizei. Betrachtet man die vergangenen zehn Jahre, so wurden 2017 die wenigsten Anzeigen eingebracht und mit 50,1 Prozent die höchste Aufklärungsquote erreicht. In Schulnoten hätten sich die Polizistinnen und Polizisten „eine Eins oder sogar eine römische Eins verdient“, erklärte die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, am Donnerstag im Innenministerium.
Sie hat recht damit. Die Uniformierten in Österreich leisten eine hervorragende Arbeit. In Zeiten der latenten Terrorgefahr, in denen Täter durch die Anonymität des Internets immer schwerer auszuforschen und zu belangen sind und die Polizei mit enormer Personalknappheit und Überstunden zu kämpfen hat, kann es nur heißen: Exekutive, Eins, setzen. Doch wie steht es mit der Benotung der obersten Führungsriege? Für Innenminister Herbert Kickl und seinen Generalsekretär Peter Goldgruber ist es keine Bestnote, die nach hundert Tagen Regierungsarbeit vergeben werden kann. Zu unklar bleibt, was sich rund um die Affäre des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wirklich zugetragen hat. Zu groß sind die Sorgen, die aus Polizeikreisen in Wien und den Bundesländern zu vernehmen sind: Der Apparat verharre in einer Schockstarre, weil er weitere Aktionen von ganz oben befürchte. Einer Starre, die Ermittlungsarbeiten zum Erliegen bringe. Wenn eine Führung schon nicht davor zurückschreckt, den Geheimdienst öffentlich so zu beschädigen, was ist dann der nächste Schritt? Für die Sicherheit des Landes ist es ein Schwebezustand, der nicht zu akzeptieren ist.
Das Spiel der politischen Reflexe bekommen auch Journalisten zu spüren. Am Ende der Kriminalstatistik gab es für Medien diese Botschaft: Ausländische Geheimdienste seien gewarnt, weil heimische Medien ständig über die Staatsaffäre spekulierten. Der Journalist, das Sicherheitsrisiko? Nein. Denn genau darin besteht die Aufgabe von Qualitätsmedien. Dinge klar zu benennen, die andere gern im Dunkeln lassen würden. Licht in die BVT-Affäre zu bringen. Stück für Stück. Und am Ende ein Resümee zu ziehen.