Gute Zeiten für eine Pensionsreform
Warum es Frauen und Männern mehr denn je zumutbar wäre, länger zu arbeiten.
Schon lange hat keine Bundesregierung mehr so viel Reformeifer gezeigt wie die von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ); doch schon lange ist es zugleich nicht mehr so ruhig gewesen um die Pensionen, in die die meisten Gelder fließen. Ein Widerspruch? Durchaus: Was Maßnahmen zur Absicherung der Altersversorgung betrifft, ist der Druck im Moment etwas geringer. Der Zuschuss, der aus Steuermitteln nötig ist, ist gesunken. Hatte er 2016 9,9 Milliarden Euro betragen, so waren es 2017 „nur“neun Milliarden Euro. Das ist vor allem auf die gute Wirtschaftslage zurückzuführen: Es wird mehr Geld verdient, womit die Pensionsversicherung höhere Beitragseinnahmen verzeichnet und weniger Hilfe aus dem Steuertopf benötigt. Soll heißen: Mit der nächsten Krise wird sich das wieder ändern, was verdeutlicht, dass der Reformbedarf im Grunde genommen unverändert geblieben ist.
Die entscheidende Stellschraube ist und bleibt das Pensionsalter: Damit kann eine Balance zwischen denen gehalten werden, die ins System einzahlen, und den anderen, denen ausbezahlt wird. Die Zurückhaltung, daran zu drehen, ist jedoch groß. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) betont, dass es in dieser Legislaturperiode zu keiner Änderung kommen soll. Ausschließlich Bemühungen, das „faktische“an das gesetzliche Pensionsalter heranzuführen, werden fortgesetzt.
Viel mehr wäre möglich. Abgesehen davon, dass die bescheidenen Ansagen zunehmend von der Wirklichkeit überholt werden, wären die Rahmenbedingungen geradezu ideal, das gesetzliche Pensionsalter der Frauen (60) zügig an das der Männer (65) heranzuführen und dann beide in einem zweiten Schritt allmählich weiter steigen zu lassen.
Die beste Begründung dafür liefert die Entwicklung des „faktischen“Antrittsalters der Frauen: Rechnet man jene heraus, die sich aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig aus dem Erwerbsleben zurückziehen und in die Invaliditätspension gehen müssen, beträgt es bereits 60,3 Jahre (Stand: 2016). Sprich: Die meisten arbeiten länger, als sie gesetzlich müssten, um auf höhere Pensionsansprüche zu kommen.
Schon aus diesem Grund müsste die Politik also nur nachvollziehen, was bereits die Regel ist. Doch das ist noch nicht alles, was Hartinger und Co. helfen würde: Auch das „ewige“Hauptargument gegen eine Erhöhung des Pensionsalters verliert an Gewicht: Ältere profitieren ebenfalls von der guten Konjunktur und kommen immer besser auf dem Arbeitsmarkt unter. Was die Regierung ja auch selbst schon bestätigt hat. Und zwar, indem sie die „Aktion 20.000“zur Beschäftigung über 50-Jähriger für überflüssig erklärt hat. WWW.DIESUBSTANZ.AT