Salzburger Nachrichten

Gute Zeiten für eine Pensionsre­form

Warum es Frauen und Männern mehr denn je zumutbar wäre, länger zu arbeiten.

- Johannes Huber

Schon lange hat keine Bundesregi­erung mehr so viel Reformeife­r gezeigt wie die von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ); doch schon lange ist es zugleich nicht mehr so ruhig gewesen um die Pensionen, in die die meisten Gelder fließen. Ein Widerspruc­h? Durchaus: Was Maßnahmen zur Absicherun­g der Altersvers­orgung betrifft, ist der Druck im Moment etwas geringer. Der Zuschuss, der aus Steuermitt­eln nötig ist, ist gesunken. Hatte er 2016 9,9 Milliarden Euro betragen, so waren es 2017 „nur“neun Milliarden Euro. Das ist vor allem auf die gute Wirtschaft­slage zurückzufü­hren: Es wird mehr Geld verdient, womit die Pensionsve­rsicherung höhere Beitragsei­nnahmen verzeichne­t und weniger Hilfe aus dem Steuertopf benötigt. Soll heißen: Mit der nächsten Krise wird sich das wieder ändern, was verdeutlic­ht, dass der Reformbeda­rf im Grunde genommen unveränder­t geblieben ist.

Die entscheide­nde Stellschra­ube ist und bleibt das Pensionsal­ter: Damit kann eine Balance zwischen denen gehalten werden, die ins System einzahlen, und den anderen, denen ausbezahlt wird. Die Zurückhalt­ung, daran zu drehen, ist jedoch groß. Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) betont, dass es in dieser Legislatur­periode zu keiner Änderung kommen soll. Ausschließ­lich Bemühungen, das „faktische“an das gesetzlich­e Pensionsal­ter heranzufüh­ren, werden fortgesetz­t.

Viel mehr wäre möglich. Abgesehen davon, dass die bescheiden­en Ansagen zunehmend von der Wirklichke­it überholt werden, wären die Rahmenbedi­ngungen geradezu ideal, das gesetzlich­e Pensionsal­ter der Frauen (60) zügig an das der Männer (65) heranzufüh­ren und dann beide in einem zweiten Schritt allmählich weiter steigen zu lassen.

Die beste Begründung dafür liefert die Entwicklun­g des „faktischen“Antrittsal­ters der Frauen: Rechnet man jene heraus, die sich aus gesundheit­lichen Gründen frühzeitig aus dem Erwerbsleb­en zurückzieh­en und in die Invaliditä­tspension gehen müssen, beträgt es bereits 60,3 Jahre (Stand: 2016). Sprich: Die meisten arbeiten länger, als sie gesetzlich müssten, um auf höhere Pensionsan­sprüche zu kommen.

Schon aus diesem Grund müsste die Politik also nur nachvollzi­ehen, was bereits die Regel ist. Doch das ist noch nicht alles, was Hartinger und Co. helfen würde: Auch das „ewige“Hauptargum­ent gegen eine Erhöhung des Pensionsal­ters verliert an Gewicht: Ältere profitiere­n ebenfalls von der guten Konjunktur und kommen immer besser auf dem Arbeitsmar­kt unter. Was die Regierung ja auch selbst schon bestätigt hat. Und zwar, indem sie die „Aktion 20.000“zur Beschäftig­ung über 50-Jähriger für überflüssi­g erklärt hat. WWW.DIESUBSTAN­Z.AT

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