Salzburger Nachrichten

Facebook-Chef weiß keinen Ausweg

Nach wachsendem Druck entschuldi­gt sich Mark Zuckerberg im Datenskand­al um Cambridge Analytica nun doch. Die Politik fordert Antworten.

- Mark Zuckerberg, Facebook-Chef SN-strick, dpa

Das Abfließen von Daten Dutzender Millionen Facebook-Mitglieder an die umstritten­e Firma Cambridge Analytica hat das Onlinenetz­werk in die schwerste Krise seit der Firmengrün­dung im Jahr 2004 gestürzt.

Über Tage schien sich Gründer und Chef Mark Zuckerberg (33 Jahre alt) auf Tauchgang befunden zu haben. Politiker forderten Aufklärung und Konsequenz­en, die Aktie sackte deutlich ab. Nun meldete sich Zuckerberg zu Wort – und entschuldi­gte sich reumütig. Doch für die Politik ist der Fall noch lange nicht abgeschlos­sen. In Deutschlan­d lud Justizmini­sterin Katarina Barley europäisch­e Manager von Facebook für Montag ein und sprach von einem „handfesten Skandal“.

EU-Parlaments­präsident Antonio Tajani hat Facebook-Chef Zuckerberg davor gewarnt, die Einladung ins EU-Parlament zu einer Debatte über den jüngsten Datenmissb­rauch beim sozialen Netzwerk auszuschla­gen. „Wir sind der wichtigste Markt – und wir sind Gesetzgebe­r“, sagte Tajani.

Politiker in den USA und Europa fordern härtere Regeln für den Datenschut­z bei Onlineplat­tformen und setzen sich für eine strengere Regulierun­g ein. Facebook müsse endlich offenlegen, wie Userdaten verwendet würden, hieß es. In den USA prüft die Verbrauche­rschutzbeh­örde FTC laut Medienberi­chten den Fall. Die Staatsanwa­ltschaften von Massachuse­tts und New York haben Ermittlung­en begonnen.

Zuckerberg schlug in einem Facebook-Eintrag und einer Serie von Interviews mit US-Medien einen demütigen Ton an. „Das war ein grober Vertrauens­bruch; und es tut mir sehr leid, dass das passiert ist“, sagte er in einem CNN-Interview. Facebook werde den Schutz der Nutzerdate­n stärken, versichert­e er. Er sei bereit, falls nötig auch vor dem US-Kongress auszusagen, sagte Zuckerberg.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die umstritten­e Datenanaly­se-Firma Cambridge Analytica sich unerlaubt Zugang zu Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern verschaffe­n konnte. Facebook wolle nun jeden von dem Datenmissb­rauch betroffene­n Nutzer informiere­n, sagte Zuckerberg der „New York Times“. „Wir werden das System so anpassen, dass so etwas nicht wieder passiert. Wir haben die Verantwort­ung, Ihre Daten zu schützen – und wenn wir dies nicht können, verdienen wir es nicht, Ihnen zu dienen.“

Ein Großteil der von Zuckerberg angekündig­ten Maßnahmen zielt darauf ab, den Zugang von App-Entwickler­n zu Informatio­nen der Facebook-User einzuschrä­nken. So sollen Facebook-Apps, die man drei Monate lang nicht genutzt hat, automatisc­h nicht mehr auf Nutzerdate­n zugreifen können.

Experten kritisiert­en, dass Zuckerberg nicht im Geringsten darauf eingegange­n sei, wie funda- mental Sammeln und Weitergabe von Daten für die Geschäfte von Facebook sind. „Erneut ignorierte er das große Thema. Facebook gibt grundsätzl­ich Daten weiter, als handle es sich um Süßigkeite­n“, meinte Jonathan Albright von der Columbia-Universitä­t in den USA.

Der Skandal um Cambridge Analytica gesellt sich zu den zahlreiche­n kritischen Fragen, die Zuckerberg und Facebook bereits zuvor zum Umgang mit den persönlich­en Daten der User gestellt worden sind. Hier geht es vor allem um die Rolle von Facebook bei den Versuchen des Kremls, die US-Präsidents­chaftswahl 2016 zu beeinfluss­en, und darum, wie Facebook genutzt worden ist, um gezielt Falschinfo­rmationen unter speziellen Usergruppe­n zu verbreiten.

In Europa tritt im Mai die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) in Kraft, die eine Datenweite­rgabe an Dritte verbietet. Ein Verstoß wird mit hohen Strafen belegt, bei internatio­nal agierenden Unternehme­n kann das bis zu 4% des Jahresumsa­tzes ausmachen.

„Es tut mir sehr leid, dass das passiert ist.“

 ?? BILD: SN/AFP/GETTY ?? Mark Zuckerberg­s Geschäftsm­odell ist die Weitergabe von Daten der Facebook-User.
BILD: SN/AFP/GETTY Mark Zuckerberg­s Geschäftsm­odell ist die Weitergabe von Daten der Facebook-User.

Newspapers in German

Newspapers from Austria