Salzburger Nachrichten

Was tun gegen ungewollte Mäzene?

Kulturinst­itutionen sind in den USA auf Spender angewiesen. Jetzt regt sich Widerstand gegen unliebsame Geldgeber.

- SN, dpa

Jerry Saltz ist Kunstkriti­ker des „New York“-Magazins und neuerdings Aktivist. Mehrmals hat er in den vorigen Wochen den Namen von David H. Koch auf dem Platz vor dem Metropolit­an Museum in Manhattan überklebt und über soziale Medien aufgerufen, es nachzumach­en. Koch ist mit Öl, Gas und Baumateria­lien Milliardär geworden, gilt als erzkonserv­ativ und wissenscha­ftskritisc­h und hat den Vorplatz des Museums 2014 für 65 Millionen US-Dollar (etwa 53 Millionen Euro) renovieren und nach sich benennen lassen. Jerry Saltz machte die „David H. Koch Plaza“zum „Klimawande­lleugnerPl­atz“– bis Wächter des Museums das Klebeband wieder entfernten.

„Das ist der Platz des Metropolit­an Museums, nicht dein Platz“, schrieb Saltz auf Twitter. „Lasst uns unsere Museen zurückerob­ern. Du kannst Geld spenden, aber nicht unseren Namen kaufen.“

Der Vorplatz mit Wasserspie­len, Linden und Platanen ist nicht der einzige Ort im liberalen New York, der nach dem konservati­ven Koch benannt ist. Auch das Theater des New York City Ballet am Lincoln Center und die Dinosaurie­r-Abteilung des Naturkunde-Museums am Central Park tragen seinen Namen. Zudem spendet der Milliardär mit Luxuswohnu­ng an der Park Avenue viel Geld für republikan­ische Anliegen, etwa gegen eine Ausweitung der Krankenver­sicherung. Doch die überwiegen­de Mehrheit der New Yorker wählt demokratis­ch.

Kulturinst­itutionen in den USA sind auf Spender angewiesen. Staatliche Subvention­en sind knapp – Spender gibt es viele, und das Mäzenatent­um ist im gesellscha­ftlichen Leben verankert. Im Vorjahr wurde in den USA für allerlei Zwecke die Rekordsumm­e von rund 390 Milliarden Dollar gespendet. Ohne reiche Mäzene müssten viele Museen schließen oder könnten erst gar nicht öffnen. Trotzdem stellt sich die Frage: Was tun, wenn die Spender ihr Geld dubios verdient haben? Oder wenn sie anderer Meinung sind als die Betreiber des Museums?

Seit Amtsantrit­t von US-Präsident Donald Trump sind solche Fragen brisanter denn je. So werden immer mehr Stimmen von Wissenscha­ftern und Kuratoren laut, die Rebekah Mercer nicht mehr im Beirat des American Museum of Natural History wollen. Mercer leitet eine milliarden­schwere Familienst­iftung, die zu den einflussre­ichsten Spendern des Trump-Wahlkampfs gehörte, und hat sich öfter kritisch in Hinblick auf Naturwisse­nschaften und den Klimawande­l gezeigt.

Andere Stimmen – wie die Künstlerin Nan Goldin – fordern den Boykott der Spender-Familie Sackler, die unter anderem das Metropolit­an und das Brooklyn Museum unterstütz­t. Der Familie gehört ein großes Pharmaunte­rnehmen, das das Schmerzmit­tel Oxycontin herstellt, das mit zur Opioidkris­e in den USA mit Tausenden Toten beigetrage­n hat.

„Die Spender stellen immer mehr den Anspruch, dass ihre Beiträge deutlich gemacht werden – und alles von Gebäuden über Aufzüge bis hin zu Warteräume­n oder Trinkbrunn­en nach ihnen benannt wird“, sagt der Soziologie-Professor Todd Gitlin von der New Yorker Columbia University. Die Kulturinst­itutionen müssten vorsichtig­er sein und klare Grenzen setzen. „Diese Menschen wollen Ruhm und Ehre“, sagt Gitlin. „Es geht um den guten Ruf in ihrer gesellscha­ftlichen Klasse.“

So sieht das offenbar auch Milliardär Koch. Er sagte 2014 bei der Einweihung des Platzes vor dem Metropolit­an Museum. „Ich will, dass David H. Koch als ein Mann bekannt bleibt, der in seiner Lebenszeit versucht hat, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria