Wer bremst den U-Ausschuss zum Geheimdienst?
Schlamperei der SPÖ oder politisches Foul der Regierung? Die BVT-Affäre sorgt diesmal im Parlament für Wirbel.
WIEN. 21 parlamentarische Untersuchungsausschüsse gab es in der Zweiten Republik bisher. Demnächst sollte einer hinzukommen. Die SPÖ wollte die Vorgänge im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) mittels U-Ausschuss klären, doch die Regierung blockte den Antrag ab. Das sind die Hintergründe in dem Agentenkrimi:
Affäre
Zur Erinnerung: In der Causa geht es um Ermittlungen der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen mehrere BVT-Beamte. Unter anderem gegen den mittlerweile suspendierten Direktor Peter Gridling. Die Vorwürfe lassen sich in zwei Themenkomplexe einteilen: Zum einen sollen Daten über einen Wiener Anwalt nicht gelöscht worden sein, obwohl BVT-Ermittlungen wegen Spionageverdachts zuvor gegen ihn eingestellt worden waren. Zum anderen sollen Rohlinge von nordkoreanischen Pässen, die in Österreich hergestellt wurden, an fremde Geheimdienste weitergegeben worden sein.
In der Causa finden sich zahlreiche Unregelmäßigkeiten. So stützen sich die Ermittlungen gegen die Staatsschützer auf eine dubiose Ansammlung an Anschuldigungen. Teilweise wurden Ermittlungen in der Causa deshalb schon im Vorjahr eingestellt, teilweise wieder aufgenommen. Treibende Kraft dürfte dabei der neue Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, gewesen sein. Er erstattete Anzeige bei der Justiz, woraufhin schließlich Ende Februar eine Hausdurchsuchung beim BVT durchgeführt wurde. Auch die Zeugen, die die BVT-Beamten belasteten, kommen aus dem Innenministerium – zwei der Zeugen wurden ungewöhnlicherweise von einem Kabinettsmitarbeiter begleitet.
Bei der Hausdurchsuchung kam es ebenfalls zu Unregelmäßigkeiten. Daran war eine Polizeieinheit beteiligt, die normalerweise für die Bekämpfung von Straßenkriminalität zuständig ist. Gegen deren Leiter, einen FPÖ-Lokalpolitiker, läuft ein Disziplinarverfahren, weil er hetzerische und rassistische Beiträge auf Facebook gepostet haben soll. Bei der BVT-Hausdurchsuchung sollen auch heikle Daten über Ermittlungen gegen Rechtsextreme mitgenommen worden sein.
Untersuchung
Die Wogen gingen angesichts der Vorgehensweise von Justiz und Polizei hoch. Der Verdacht vonseiten der Opposition: Im Innenministerium wird unter dem Deckmantel von Ermittlungen eine brutale Umfärbung durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft habe sich dafür instrumentalisieren lassen. Gleichzeitig wollte man in der Extremismusabteilung an Ermittlungsdaten über Rechtsextreme kommen und die BVT-Mitarbeiter durch die Hausdurchsuchung einschüchtern. Die SPÖ kündigte deshalb vergangene Woche im Alleingang die Einsetzung eines U-Ausschusses an. Seit 1. Jänner 2015 kann ein solcher mit den Stimmen von 46 Abgeordneten initiiert werden.
Am Mittwoch wurde der Antrag eingebracht. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hatte die Einsetzung eines U-Ausschusses am Tag darauf noch kritisiert, als kurze Zeit später der Knalleffekt folgte: Der Geschäftsordnungsausschuss im Parlament lehnte den Antrag mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ ab. Eine Premiere in der Geschichte des Hohen Hauses.
Der Grund für die Ablehnung: Das Anliegen war zu schwammig formuliert worden. Die Einsetzung eines U-Ausschusses hat formal strenge Kriterien zu erfüllen. Es muss klar abgegrenzt werden, was inhaltlich untersucht werden soll. Damit will man verhindern, dass in einen U-Ausschuss alles Mögliche gepackt wird, um politisches Kleingeld zu wechseln. „Kraut-und-Rüben-Ausschüssen“wollte man mit dieser Regelung einen Riegel vorschieben.
Diese inhaltliche Abgrenzung sei laut einem Gutachten der Parlamentsjuristen, das Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) in Auftrag gegeben hatte, im SPÖ-Antrag nicht gegeben. In dem Antrag sei die Rede davon, dass „in allgemeiner Weise“die politische Verantwortung betreffend „allfälliger“Missstände im BVT untersucht werden solle. Sprich: Der SPÖ-Antrag war zu schwammig formuliert.
Höchstgericht
SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kritisierte daraufhin Nationalratspräsidenten Sobotka und die Regierungsparteien. „ÖVP und FPÖ ziehen alle Register, um die Aufklärung zu verhindern.“Man werde nicht zulassen, „dass die Regierungsmehrheit Minderheitsrechte einfach abwürgt“, erklärte Schieder. Außerdem wolle man vor den Verfassungsgerichtshof ziehen. Das Höchstgericht muss jetzt über den Antrag binnen weniger Wochen entscheiden. Die SPÖ könnte jedenfalls den Antrag zurückziehen und neu formulieren.
Denn auch die Neos und die Liste Pilz sehen ein Problem in der Formulierung. ÖVP-Klubobmann August Wöginger erklärte am Freitag auf SN-Anfrage, dass der U-Ausschuss kommen solle, „wenn die SPÖ das will“. Deshalb bietet er der SPÖ an, bei der nächsten Nationalratssitzung am 17. April einen überarbeiteten Antrag zu stellen. Tags darauf könne er den Geschäftsordnungsausschuss einberufen. Der Beschluss im Plenum würde dann wie geplant am 19. April erfolgen. Den Vorwurf der SPÖ, die Koalitionsparteien würden versuchen, den BVT-Ausschuss „abzuwürgen“, wies Wöginger zurück.
„ÖVP und FPÖ ziehen alle Register.“Andreas Schieder, SPÖ-Klubobmann