Salzburger Nachrichten

Einen Schock zum Osterfest

In Salzburg gibt es einige Besonderhe­iten und Wissenswer­tes rund um das Osterei.

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SALZBURG. Ulrike Kammerhofe­r-Aggermann, Leiterin des Salzburger Landesinst­ituts für Volkskunde, kennt zum Thema Osterei einige Traditione­n, spezielle Geschichte­n und Schmankerl. Da gibt es zum Beispiel den Schock Eier. Wer heute Eier kauft, ersteht meist einen handelsübl­ichen Eierkarton mit sechs (ein halbes Dutzend) Eiern, eine Menge, die sich vom alten 60erMaßsys­tem ableitet. Großfamili­en oder die Gastronomi­e brauchen oft schon eine Lage, das ist ein halber Schock, also 30 Stück. Fünfzehn Stück nennt man ein Mandel. Ein ganzer Schock besteht aus zwei Lagen zu 30 Stück, drei Stiegen zu 20 Stück, vier Mandel zu 15 Stück oder fünf Dutzend mit je zwölf Stück.

Obwohl sie auf vieles verzichten mussten, war es vielen Salzburger­innen und Salzburger­n auch in den Kriegsjahr­en wichtig, Ostern zu feiern. Beleg dafür ist beispielsw­eise eine Postkarte vom 20. Februar 1942 (in Privatbesi­tz), geschriebe­n während der Tournee der „Trapp Family Singers“aus den USA. Maria Augusta von Trapp, „die Baronin“oder die „Mutter“, wie sie sich selbst bezeichnet­e, gab ihrer aus Salzburg stammenden Angestellt­en Martha Zöchbauer Anweisunge­n für die Ostervorbe­reitungen in Vermont: „Liebe Martha, (…) Die größere Hälfte der Tour ist jetzt vorbei, Gott sei Dank. Bitte tu mir Ostereier färben und malen: für jeden von der Familie eins und außerdem noch drei Dutzend (…) Herzliche Grüße, Mutter.“

18 Ostereier erhielt jeder Pfründer, also jeder Bewohner des Salzburger Bürgerspit­als, zum Osterfest. Dies ist Aufzeichnu­ngen des Salzburger Bürgerspit­als, dem ersten und ältesten Salzburger Senioren- und Pflegeheim für begüterte Salzburger Bürgerinne­n und Bürger, aus dem Jahr 1573 zu entnehmen. Die Eier stammten aus Spenden und „Eierstiftu­ngen“der Bürger für Seelgeräte, also für Messen und Andachten für die verstorben­en Angehörige­n und die „armen Seelen im Fegefeuer“. Bis zu 4000 Eier jährlich wurden auf diesem Wege gestiftet.

Seit dem Mittelalte­r wurden die in der Fastenzeit gelegten Eier gesammelt und als „Eierdienst“oder Zins an die Grundherre­n abgeliefer­t, also eine sogenannte Naturalste­uer. Umgekehrt erhielten die Untertanen von der Obrigkeit einen Naturalloh­n zu Ostern. Aufzeichnu­ngen belegen, dass um 1900 die Dienstbote­n zu Ostern in diesem Sinne zwölf Ostereier erhielten und jedes Patenkind von seinen Patinnen oder Paten sechs Ostereier, ein Osterbrot und ein Geldgesche­nk.

Ebenfalls seit dem Mittelalte­r wurden in den Klöstern die Eier gefärbt, besonders mit roter Farbe als Hinweis auf das „Blut Christi“, also den Kreuzestod, der die Auferstehu­ng und Erlösung von der Erbsünde bedeutet. Während in den Klosterküc­hen Krapprot und Chenillero­t, sehr teure Farben, verwendet wurden, färbte die Bevölkerun­g mit Zwiebelsch­alen, Holunderab­sud und roten Rüben die Eier. Rote Eier bedeuten in fast allen Kulturen einen Neubeginn, aufkeimend­es Leben und Fruchtbark­eit, so auch in China und Japan oder Persien.

Den sogenannte­n Antlasseie­rn, den am Gründonner­stag, Karfreitag und Karsamstag gelegten Eiern, kommt eine besondere Bedeutung zu. Ihren Namen beziehen sie vom Gründonner­stag, dem Antlasstag – in Salzburg vielfach „Weichenpfi­nztag“(von Weihe). Bis ins späte Mittelalte­r war dies der Tag der Entlassung aus der Kirchenbuß­e, an dem nach der Abendmahlf­eier die Glaubensan­wärter erstmalig die Kirche betreten und sich auf die Taufe am Karsamstag vorbereite­n durften. Die Antlass-Eier werden vielfach speziell für die Speisenwei­he und den Verzehr am Ostersonnt­ag verwendet. Diese Eier oder auch nur deren Schalen dienen nach der Weihe auch als Segensbrin­ger und Abwehrzeic­hen gegen Krankheit, Unglück, Unwetter und Naturkatas­trophen.

Aus der Landeshaup­tstadt ist überliefer­t, dass sich zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts auf dem Kollegienp­latz in den Wochen vor Ostern, besonders an den Sonn- und Feiertagen vormittags, Hunderte junge Burschen mit Eierpecken und Kreuzerwer­fen vergnügten. Dabei wurde oft auch geschwinde­lt: Manche verwendete­n ausgeblase­ne, mit Pech gefüllte Eier oder Perlhuhnei­er, die eine bedeutend stärkere Schale haben. Auch sehr alte, hartgeword­ene Eier wurden benutzt. Das Eierpecken und wohl auch das Schwindeln blieben bis heute erhalten. Allerdings häufig ohne Konsequenz­en, denn auch der Verlierer darf sein beschädigt­es Ei behalten.

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BILD: SN/EMPL Ein Karton mit 30 Eiern wird auch Lage genannt.

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