Das Land braucht seine Frauen
Die Landflucht ist weiblich. Denn das Landleben ist für junge Frauen weniger attraktiv als für junge Männer. Aber das muss nicht so bleiben.
Die Wahltour von SN und „Salzburger Woche“hat dieser Tage innergebirg Station gemacht – in Tamsweg, St. Johann und Zell am See. Im Lungau wie auch im Pongau war die Abwanderung junger Frauen ein Thema in den Gesprächen mit den Spitzenpolitikern, die am 22. April in die Landtagswahl gehen. Ein Blick in die Statistik bestätigt die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger: Die Landflucht ist tatsächlich weiblich.
119 Gemeinden hat das Land Salzburg. In 29 dieser Gemeinden gibt es um mindestens zehn Prozent weniger Frauen im Alter zwischen 20 und 29 Jahren als gleichaltrige Männer. In 16 weiteren Gemeinden liegt der Anteil der Frauen in der genannten Altersklasse sogar um 20 oder mehr Prozent unter dem der Männer.
In Untertauern und in Weißpriach kommen auf zehn junge Männer nur noch fünf junge Frauen. In St. Margarethen im Lungau sind es sechs, in Mühlbach am Hochkönig sieben. Dies sind nur einige Beispiele, um den gefährlichen Trend aufzuzeigen: Wenn die jungen Frauen gehen, stirbt das Land.
Generell verlassen viele junge Leute beider Geschlechter zur weiteren Ausbildung ihren Heimatbezirk. Warum aber kehren danach weniger Frauen als Männer aufs Land zurück? Darüber kann nur spekuliert werden. Aber einige Aspekte des Landlebens scheinen für Frau- en unattraktiv bis abschreckend zu sein. Die Kinderbetreuung zum Beispiel. Krabbelstuben, Kindergärten und Horte sind in urbanen Gebieten in größerer Auswahl und mit längeren sowie flexibleren Öffnungszeiten zu finden als auf dem Land. Das bringt Wahlfreiheit – und macht Beruf und Familie erst vereinbar.
Oder die Mobilität: Junge Familien haben in der Regel zunächst nur ein Auto. Mit dem ist der Elternteil unterwegs, der ganztags außer Haus arbeitet. Das ist in der Regel immer noch der Mann, zumindest solange die Kinder klein sind. Die Frau ist auf die Öffis angewiesen. Wie schlecht es um die in entlegeneren Regionen steht, wie
selten Bus und Bahn fahren, muss nicht näher erörtert werden.
Es sind in erster Linie Männer, die Politik im und auf dem Land machen. Nur fünf der 119 Gemeinden stehen Bürgermeisterinnen vor. Nicht einmal ein Viertel der Gemeindevertreter sind weiblich. Und selbst der Landtag besteht nur zu knapp 39 Prozent aus Frauen.
Das soll nicht heißen, dass Männer automatisch nur eine Politik für Männer machen und Frauen automatisch eine für Frauen. Aber der Standort bestimmt nun einmal den Standpunkt. Wären mehr Frauen in der Politik, hätten Kinderbetreuung und öffentliche Verkehrsmittel einen höheren Stellenwert. Einfach deshalb, weil mehr Frauen aus eigener Erfahrung wissen, wie es ist, wenn beides fehlt.
Wären mehr Frauen in der Politik, würden wahrscheinlich auch nicht mehr so gut wie alle relevanten Sitzungen in der Gemeindestube am Abend stattfinden – und somit dann, wenn die Kinder ins Bett gebracht werden müssen.
Nun können Frauen weiter fordern, dass Männer die Dinge für sie zum Besseren ändern. Oder aber sie ändern die Dinge selbst. Und schaffen sich die Welt, in der sie gern leben möchten. Auch auf dem Land. Das bedeutet, in die Politik zu gehen und zu kämpfen.
Und übrigens: Weil das Politische immer auch privat ist, ist es durchaus hilfreich, einen Partner zu wählen, der bereit ist, bei den Kindern zu Hause zu bleiben, wenn die Sitzung wieder einmal länger dauert.
Hilfreich wäre ein Mann, der zu Hause bleibt, wenn die Sitzung länger dauert