Wer im Kino richtig sitzt, merkt davon nichts
Rund 10.000 Hintern saßen auf jedem der Sessel im Salzburger Das Kino. Die Abnutzungen sind erkennbar. Es ist Zeit für ein neues Sitzgefühl. Renate Wurm weiß schon, wie sich’s anspürt.
SALZBURG. Renate Wurm sitzt bequem. Es hat gedauert, bis es so weit war. In ihren Büro liegen immer noch Stoffbahnen. „Es geht bei einem Kinosessel ja nicht nur um die Form, sondern auch um die Farbe“, sagt Wurm, Geschäftsführerin im Das Kino. Und es geht um einen guten Blick auf die Leinwand, um bequemes Sitzen, um Spielraum für die Beine, um ergonomische Passform, aber auch um die richtigen Stahlstützen und Brandschutzvorschriften. Es geht auch ums Schlafen. „Manchmal muss ja jemand mitgehen ins Kino, obwohl der den Film gar nicht sehen will“, sagt Wurm schmunzelnd.
Die alten Sessel im Das Kino haben lange gehalten. Knapp 200 Sitzplätze hat der Saal. Zwei Millionen Besucher kamen im vergangenen Vierteljahrhundert, heißt: Rund 10.000 Hintern saßen auf jedem Sessel. Nun sind manche durchgesessen. Manche quietschen. Bei der Suche nach neuen Sesseln begegnete Wurm einer „Industrie der Kinoausstattung“. „Das meiste zielt auf die Mega-Kinos“, sagt Wurm. Klar sei aber, dass „ein Kino wie unseres kein futuristisches Hightech braucht“. Sie probierte also sitzend viel – auch in den ehemaligen Olympic Studios in London. Die Räume, wo die Stones einst ihre ersten Alben aufgenommen haben, sind jetzt ein Kino. Und in Salzburg werden ab Sommer die gleichen Sitzreihen stehen.
Zwei neue Sitze stehen schon zum Testen im Foyer von Das Kino. Dahinter schaut Marlon Brando von einem Plakat. In einer Sprechblase wird ihm ein Satz in den Mund gelegt. „Werden Sie Pate für einen neuen Kinosessel in Das Kino.“Cineastische Feinschmecker erkennen die Anspielung auf die legendäre Mafiasaga „Der Pate“. Tatsächlich kann man einen der neuen Sessel mitfinanzieren. Und man kann dem Sessel dann einen Namen geben. „Entweder den eigenen oder auch den eines persönlichen Filmhelden“, sagt Wurm. Mit dieser Aktion soll der Sesselkauf „ein bisschen unterstützt werden“. Vor allem aber gehe es darum, „die Bindung der Besucherinnen und Besucher mit unserem Haus zu stärken“.
Ausgemessen ist der Saal bereits. Im Juni wird umgebaut. Sieben Plätze weniger als bisher wird es geben. Dafür mehr Komfort. Breitere Armstützen wird es geben – und auch Getränkehalter. Die erste Reihe wird attraktiver, weil die Sitzfläche beweglich ist und leicht nach vorn rutscht. Man bekommt kein steifes Genick. Überhaupt sind die Rückenlehnen so hoch, dass man den Kopf bequem ablegen kann. „Mir ist zum Beispiel genau das wichtig“, sagt der Salzburger Regisseur Bernhard Braunstein, der beim Sesseltest zufällig da ist. Genau könne er aber „gar nicht sagen“, was einen richtig guten Kinosessel ausmacht. „Man merkt es aber, wenn man drin sitzt“, sagt Braunstein. Dann merkt man vom Sessel nämlich nichts, nichts tut weh – auch wenn sich der Film zieht.
„Wir brauchen kein futuristisches Hightech als Ausstattung.“