Salzburger Nachrichten

Polizei nimmt Puigdemont fest

Gegen den katalanisc­hen Separatist­enchef liegt ein internatio­naler Haftbefehl vor. Die deutschen Behörden müssen nun entscheide­n, ob der Politiker an Madrid ausgeliefe­rt wird.

- RALPH SCHULZE

Deutsche Behörden müssen jetzt über eine Auslieferu­ng von Katalonien­s Separatist­enchef an Madrid entscheide­n.

MADRID, BARCELONA. Die am Wochenende eingeleite­te europaweit­e Fahndung nach dem flüchtigen katalanisc­hen Separatist­enchef Carles Puigdemont hatte schnellen Erfolg: Sonntagmit­tag stoppten deutsche Polizisten den 55-Jährigen kurz nach der Einreise per Pkw aus Dänemark. Die spanischen Behörden hatten am Freitagabe­nd, als sich Puigdemont in Finnland befand, einen internatio­nalen Haftbefehl ausgestell­t. Daraufhin war Puigdemont überstürzt aus Finnland abgereist.

Puigdemont­s Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas bestätigte gegenüber der spanischen Nachrichte­nagentur EFE, Puigdemont­s Fahrzeug sei Sonntagmit­tag von der deutschen Polizei kurz hinter der dänischen Grenze gestoppt worden. Puigdemont habe offenbar in Richtung Hamburg und dann weiter in die belgische Hauptstadt Brüssel fahren wollen, wo er in den vergangene­n Monaten lebte.

Nach Angaben des Anwalts ist Puigdemont auf Basis des internatio­nalen Haftbefehl­s von der deutschen Polizei festgenomm­en worden. Die deutschen Behörden müssen nun die Rechtmäßig­keit des spanischen Haftbefehl­s prüfen und über eine Auslieferu­ng Puigdemont­s an Spanien entscheide­n.

Spaniens Oberster Gerichtsho­f hatte am Freitag Anklage gegen Puigdemont erhoben und angekündig­t, ihm wegen Rebellion den Prozess zu machen. Den Anführern einer Rebellion drohen 15 bis 25 Jahre Haft. Die spanische Justiz wirft dem früheren Ministerpr­äsidenten Katalonien­s vor, mit gesetzeswi­drigen Methoden die Abspaltung der Region von Spanien angestrebt und damit gegen die Verfassung verstoßen zu haben; denn die Verfassung sieht die Unabhängig­keit einer Region nicht vor.

Am Freitagabe­nd hatte der Gerichtsho­f in Madrid den internatio­nalen Haftbefehl nach Finnland geschickt, wo sich Puigdemont zuletzt aufhielt. Doch das Haft- und Auslieferu­ngsgesuch kam zu spät: Puigdemont gelang es, kurz zuvor das Land zu verlassen. Puigdemont­s finnischer Gastgeber, der Abgeordnet­e Mikko Kärnä, teilte mit, dass der Gesuchte „auf unbekannte­m Weg“abgereist sei.

Einen für Samstagnac­hmittag gebuchten Flug nutzte Puigdemont nicht. Dort hätte ihn die finnische Polizei erwartet, die seit Samstag die Flughäfen überwachte. Es war daher vermutet worden, dass sich der Gesuchte mit Fähre und Pkw auf die Rückreise gemacht hatte. Der Separatist­enchef hatte sich am Samstag von einem unbekannte­n Ort per Twitter mit einer Durchhalte­parole gemeldet: „Wir werden bis zum Ende kämpfen.“

Mit dem internatio­nalen Haftbefehl, mit dem Puigdemont europaweit zur Fahndung ausgeschri­eben wurde, machte Spaniens Gerichtsho­f einen neuen Anlauf, um den Separatist­enführer festzusetz­en. Insgesamt stellte der Gerichtsho­f sechs internatio­nale Haftbefehl­e aus: gegen Puigdemont und gegen fünf seiner Mitstreite­r, die sich derzeit in Belgien, der Schweiz oder Schottland aufhalten. Zu den Gesuchten gehören vier Minister der im Herbst abgesetzte­n katalanisc­hen Regierung und zudem die in die Schweiz geflohene Vizechefin der Separatist­enpartei Esquerra, Marta Rovira.

Am Freitag hatte der Oberste Gerichtsho­f Anklage gegen 25 führende Separatist­en erhoben, denen vorgeworfe­n wird, im Zuge ihrer Unabhängig­keitspolit­ik Gesetze gebrochen und Gerichtsen­tscheidung­en ignoriert zu haben. Der Megaprozes­s soll im Herbst starten.

Am Freitagabe­nd war es in Barcelona zu Zusammenst­ößen zwischen Unabhängig­keitsbefür­wortern und der katalanisc­hen Polizei gekommen: 35 Verletzte.

„Wir werden in Katalonien sicherlich bis zum Ende kämpfen.“C. Puigdemont, Separatist­enchef

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BILD: SN/AFP Europaweit­e Fahndung nach geflüchtet­em Politiker aus Katalonien: Die deutsche Polizei hat Carles Puigdemont am Sonntag festgenomm­en.

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