Fünf Sterne und Lega basteln an einem Bündnis
Eine Koalition der Protestparteien, die die Italien-Wahl gewonnen haben, dürfte aber nur für Übergangszeit bestehen.
ROM. Nach tagelangen Ränkespielen und wechselseitigen Blockaden haben es Senat und Deputiertenkammer am Samstag geschafft, ihre neuen Präsidenten zu wählen. An der Spitze der beiden Häuser des italienischen Parlaments stehen nun zwei krass unterschiedliche Repräsentanten der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und der rechten Koalition, der 43-jährige Roberto Fico und die 71-jährige Maria Elisabetta Alberti Casellati.
Damit scheint der – allerdings noch weite – Weg zu einer Regierung der populistischen Cinque Stelle und der kaum weniger populistischen, nach rechts abgedrifteten Lega vorgezeichnet. Welche Möglichkeiten der Regierungsbildung es gibt, wird Staatspräsident Sergio Mattarella bei den nach Ostern beginnenden Konsultationen ausloten. Der bisherige Premier Paolo Gentiloni hat seinen Rücktritt eingereicht, bleibt aber geschäftsführend im Amt.
Roberto Fico, bisher Aufsichtsratsvorsitzender der staatlichen Rundfunk- und Fernsehgesellschaft RAI, gehört zu den Linken und den orthodoxen Hardlinern der Cinque Stelle (M5S). Maria Elisabetta Alberti Casellati, Anwältin und früher Staatssekretärin unter Silvio Berlusconi, hat mit großem Elan auch die für ihren Kabinettsherrn maßgeschneiderten Gesetze betrieben und Gerichtsverfahren gegen diesen als „Staatsstreich“bezeichnet.
Berlusconi, der vorige Woche wieder eine Rolle in den Machtspielen zu gewinnen versucht hat, mit dem aber die Fünf-Sterne-Bewegung in alter Feindschaft nichts zu tun haben möchte, wurden jetzt erneut seine engen Grenzen aufgezeigt. Sein wahrer Partner, der LegaChef Matteo Salvini, rät ihm, die FIFührung an einen Statthalter abzugeben: „Denn ich repräsentiere Mitte-rechts und werde mit den Cinque Stelle verhandeln.“Deren Anführer Luigi Di Maio sagt noch härter: „Mein Rat ist, dass Berlusconi das politische Leben verlässt.“
Salvini und Di Maio, die mit allen Finessen die neuen Kräfteverhältnisse bis hin zu den Siegen bei der Wahl der Parlamentspräsidenten festgeschrieben haben und jetzt das Regierungsbündnis aus M5S und Lega – mit oder ohne Forza Italia – schmieden wollen, stehen jetzt vor einem Problem. Beide wollen Premier werden, der eine, weil er die rechte Koalition mit 37 Prozent anführt, der andere, weil seine Cinque Stelle mit 32 Prozent die stärkste einzelne Gruppierung geworden ist. Von Salvinis Vorschlag, beide sollten vorläufig verzichten und das Amt einem Dritten überlassen, will Di Maio nichts wissen.
Auch wenn Lega und M5S eine Reihe von Schnittmengen etwa in Flüchtlingspolitik, Europa-Abneigung oder Rentenreform haben, wird weithin angenommen, dass sie nicht fünf Jahre zusammen regieren können oder wollen. Eine vielfach begründete Spekulation ist, dass sie nur für einen Übergang zusammenbleiben und in dieser Zeit außer den fälligen Haushaltsentscheidungen vor allem ein neues, für nur zwei Pole günstiges Wahlrecht schaffen wollen. Damit wollen sie Neuwahlen anstreben und klare Verhältnisse erreichen.
Dass dieses in Europa Schrecken verbreitende Bündnis mit Hilfe einer Unterstützung der sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) für eine M5S-Regierung verhindert werden könnte, ist nach gegenwärtigem Stand reine Theorie. Die PD hat sich ganz mehrheitlich für eine Oppositionsrolle entschieden. Ob Staatschef Mattarella für eine Übergangszeit ein Allparteien-Kabinett installieren kann, ist offen.