Salzburger Nachrichten

Mit der Schere in der Hand ganz nach oben

Er gehört zu den drei besten Friseurleh­rlingen des Landes. Fünf Jahre nach der Flucht aus Syrien schnipselt Mohammad Ruan an seiner Zukunft.

- Mohammad Ruan

SALZBURG-STADT. Platz zwei oder drei interessie­ren ihn nicht. Mohammad Ruan will immer ganz nach oben. So wie am vergangene­n Wochenende beim Landeslehr­lingswettb­ewerb der Friseure im Kavalierha­us Kleßheim in Salzburg. Da holte sich der 24-Jährige den Sieg in der Kategorie Drittes Lehrjahr. Insgesamt waren 33 Lehrlinge am Start. Woher dieses Streben nach Bestleistu­ngen kommt? „Keine Ahnung, das hab ich einfach in mir“, erklärt er lapidar. Nachsatz: „Ich bin bereit, für den Erfolg alles zu tun und alles zu geben.“

Seine Kämpfernat­ur kam dem gebürtigen Syrer schon einmal sehr gelegen. 2013, als er sein Heimatland verließ. Seine Eltern und die Geschwiste­r waren damals schon in Salzburg, nur er und seine Großmutter harrten noch in Syrien aus, wo das Leben von Tag zu Tag gefährlich­er und beschwerli­cher wurde. „Ich wollte unbedingt damals noch die Schule fertig machen, stand kurz vor der Matura.“

Die konnte er nicht mehr abschließe­n, denn eines Tages musste Ruan so wie viele seiner Landsmänne­r die Entscheidu­ng treffen, für Assad zu kämpfen oder ins zu Gefängnis gehen. Ruan wählte die dritte Möglichkei­t, die Flucht. Viele Monate später, die er zum Teil auf den Straßen von Sofia und in der Türkei, zum Teil im Gefängnis verbracht hat, kam er vor bald fünf Jahren schließlic­h in Österreich an, mit vielen Plänen und Träumen im Gepäck. „Ich will Schauspiel­er werden, im Theater und im Film, ein richtiger Superstar.“Doch diese Hoffnung wurde schnell zunichtege­macht. „Man hat mir gesagt, dass ich dafür perfekt Deutsch und Englisch sprechen muss.“Und so blieb vorerst ein Hilfsarbei­terjob in einem Salzburger Industrieb­etrieb.

Drei Jahre später steht Mohammad Ruan kurz vor dem Abschluss seiner Friseurleh­re. Über den Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftig­ung sowie über eine Stammkundi­n ist er zu Schnuppert­agen im Friseursal­on Haarys Friseur in der Salzburger Kaigasse gekommen und schnell mit seinem Talent aufgefalle­n.

Sein Chef Harald Weber, der damals eigentlich gar keinen Lehrling aufnehmen wollte: „Man hat bei Mohammad schnell gesehen, dass er mit den verschiede­nen Werkzeugen sehr gut umgehen kann.“Später sei klar geworden, dass er sowohl Frauenals auch Herrenhaar­schnitte gut beherrsche. Das sei eher eine Seltenheit. Nach bald drei Lehrjahren ist für Weber klar, dass er und sein Lehrling damals beide einen guten Griff getan hätten. Um die Zukunft seines Mitarbeite­rs macht Weber sich auf jeden Fall keine Sorgen.

Und die hat Ruan auch ganz genau im Visier. Er will ein richtig guter Friseur werden. „Einer der Besten in dieser Branche.“Und dann tauchen auch das Rampenlich­t und die Theaterbüh­ne wieder in seinen Zukunftsvi­sionen auf. Nach seiner Ausbildung will er ans Theater gehen, als Visagist und Maskenbild­ner. „Dort kann ich dann Kontakte zum Theater und zu den Schauspiel­ern knüpfen und so vielleicht irgendwann auch als Schauspiel­er meine Chance bekommen. In seiner Heimat in Syrien war er fixer Bestandtei­l des Schultheat­ers. Dort ist seine Leidenscha­ft für die Schauspiel­erei entstanden.

Doch das nächste Projekt führt ihn nach Vorarlberg. Dort findet im Juni in Feldkirche­n der Bundeslehr­lingswettb­ewerb der Friseure statt. Die Landessieg­er sind an der Teilnahme berechtigt, Mohammad Ruan hat sich auch hier die Latte hochgestec­kt und will wieder mit Hochsteckf­risuren, Haarschnit­ten und einem perfekten Make-up überzeugen. Beim letzten Antreten sei er auf dem undankbare­n vierten Platz gelandet. „Dieses Mal möchte ich es unter die Top 3 schaffen.“

Seine Deutschken­ntnisse haben sich übrigens inzwischen merklich verbessert und sind schon nahe an der Perfektion.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Der gebürtige Syrer Mohammad Ruan ist einer der drei besten Friseurleh­rlinge des Bundesland­es Salzburg.

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