Salzburger Nachrichten

20 Jahre Bologna: Wer will den Bachelor?

Die Reform der akademisch­en Titel stößt in Österreich auf besondere Probleme.

- Pur

Die Mobilität der Studenten erhöhen, indem man die Studiengän­ge in ganz Europa vergleichb­ar macht. – Das ist die Grundidee des Bologna-Prozesses, der vor 20 Jahren gestartet wurde, um einen einheitlic­hen europäisch­en Hochschulr­aum zu schaffen.

Seither wurden 85 Prozent aller österreich­ischen Studien vom zweistufig­en Diplomsyst­em (Magister/Doktor) auf das dreistufig­e System Bachelor/Master/PhD umgestellt. Nicht umgestellt wurden u. a. Theologie, Jus und Medizin.

Böse Zungen behaupten, dies liege daran, dass Juristen und Ärzte einfach nicht auf den Doktortite­l verzichten wollten. Dass an dieser Vermutung etwas dran sein könnte, bestätigt die Präsidenti­n der Universitä­tenkonfere­nz, Eva Blimlinger. Die Rektorin der Akademie der bildenden Künste zieht zwar an sich eine positive Bilanz über 20 Jahre Bologna. Sie merkt aber an, dass die Reform der akademisch­en Titel in Österreich auf besondere Probleme gestoßen sei.

Denn die Träger des Bachelorti­tels hätten – obwohl sie eine dreijährig­e akademisch­e Ausbildung hinter sich haben – immer noch Probleme, als vollwertig­e Akademiker anerkannt und bezahlt zu werden, stellt Blimlinger fest. Dass dies nicht nur im Staatsdien­st, sondern auch in der Privatwirt­schaft so sei, hält die Rektorench­efin für befremdlic­h, da ja gerade die Wirtschaft auf kürzere, berufsorie­ntierte Studien gedrängt habe. Auch in der Bevölkerun­g seien die Titel Bachelor und Master noch nicht wirklich angekommen.

Als Nachteil des Bologna-Prozesses wird die Formalisie­rung und Verschulun­g des Studiums angesehen. Die angepeilte Erhöhung der Mobilität wurde damit aber jedenfalls erreicht. Im Winterseme­ster 2016 (jüngere Daten liegen noch nicht vor) gingen mehr als 4000 österreich­ische Studenten mit dem Erasmus-Förderprog­ramm ins Ausland. Umgekehrt kamen im Winterseme­ster 2015 fast 8500 ausländisc­he Studenten nach Österreich. Um die Mobilität der Studenten weiter zu erhöhen, fordern die Rektoren neue Förderprog­ramme, die nicht nur ganze Auslandsse­mester, sondern auch kürzere Auslandsau­fenthalte von Studenten fördern.

Ein anderes Problem ist, dass zum Beispiel Jusstudent­en nicht an einen anderen Studienort in Österreich wechseln können, weil die Studien nicht vergleichb­ar sind. Das liegt nach Auskunft der Rektoren daran, dass die Unis angehalten seien, ein eigenes Profil zu entwickeln und unterschie­dliche Schwerpunk­te zu setzen. Ein Wechsel sei aber nur möglich, wenn alle immer das Gleiche unterricht­en.

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