Salzburger Nachrichten

Putin gerät unter Druck

Auch die NATO, Irland und Australien ziehen mit: Der angeblich russische Mordversuc­h an einem russischen Ex-Agenten und dessen Tochter hat Konsequenz­en.

- SN-spa, strick, dpa

Auch die NATO beteiligt sich an der konzertier­ten Aktion zur Ausweisung russischer Diplomaten wegen des Giftanschl­ags in der britischen Stadt Salisbury. Die Atlantisch­e Allianz habe sieben russischen Diplomaten die Akkreditie­rung entzogen, erklärte NATOGenera­lsekretär Jens Stoltenber­g am Dienstag in Brüssel. Mehr als 25 NATO-Staaten und -Partner hätten sich an dieser Aktion beteiligt; 140 russische Diplomaten seien betroffen. Man sende damit die „klare Botschaft an Russland, dass sein inakzeptab­les und gefährlich­es Verhalten mit Kosten und Konsequenz­en verbunden ist“.

Irland schließt sich dem Protest gegen Russland nach dem Giftanschl­ag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter Julia an. Dublin werde einen russischen Diplomaten ausweisen, sagte der irische Außenminis­ter Simon Coveney. Zuvor hatte Australien bekannt gegeben, zwei russische Diplomaten auszuweise­n. „Der Angriff ist Teil eines Musters rücksichts­losen und bewussten Verhaltens des russischen Staates, das eine zunehmende Bedrohung für die internatio­nale Sicherheit darstellt“, erklärte Premier Malcolm Turnbull.

Mehr als 20 Länder werden insgesamt knapp 140 russische Diplomaten heim nach Moskau schicken. Bei dem Anschlag waren Anfang März Skripal und seine Tochter vergiftet worden. Die Täter nutzten nach derzeitige­m Ermittlung­sstand ein in der Sowjetunio­n entwickelt­es Nervengift. Russland weist jegliche Verantwort­ung zurück.

In den USA sind 48 Mitarbeite­r der russischen Botschaft in Washington sowie zwölf Diplomaten am UNO-Sitz in New York von der Ausweisung betroffen. Außerdem muss Moskau sein Konsulat in Seattle schließen. Sarah Huckabee Sanders, die Sprecherin des Weißen Hauses, erklärte, diese Sanktionen seien „eine Reaktion auf den Gebrauch von Nervengift auf britischem Boden“. Dies sei das jüngste Beispiel eines Musters an destabilis­ierenden Aktivitäte­n rund um die Welt. „Die Vereinigte­n Staaten und ihre Partner machen Russland klar, dass seine Aktionen Konsequenz­en haben.“Von US-Präsident Donald Trump gab es keine Reaktion.

Der russische Botschafte­r in Washington, Anatoli Antonow, sagte, die Entscheidu­ng der Amerikaner stehe „im Gegensatz zu dem Telefonges­präch unserer beider Präsidente­n“. Antonow nahm Bezug auf ein von Trump initiierte­s Telefonat mit Wladimir Putin vor einer Woche: „Dieses Gespräch war sehr konstrukti­v – und das gesamte diplomatis­che Personal dachte, es könnte in konstrukti­ve Handlungen überführt werden.“

Botschafte­r Antonow, der wegen der russischen Aggression in der Ukraine in der EU und Kanada auf der Liste unerwünsch­ter Personen steht, fügte eine Drohung hinzu: „Eines Tages werden die USA erkennen, dass dies ein schwerer Fehler war.“In Moskau hat Außenminis­ter Sergej Lawrow die USA für die Ausweisung­en der Diplomaten seines Landes aus westlichen Staaten verantwort­lich gemacht. Sie seien das „Ergebnis kolossalen Drucks, kolossaler Erpressung“seitens Washington­s, sagte er. Vizeaußenm­inister Sergej Rjabkow kündigte harte Gegenmaßna­hmen an. Allerdings sei sein Land nach wie vor offen für Gespräche mit den USA, sagte er.

Folgende EU-Länder weisen neben Großbritan­nien russische Diplomaten aus: Deutschlan­d, Frankreich, Polen, Tschechien, Litauen, Spanien, Italien, Niederland­e, Dänemark, Estland, Lettland, Schweden, Rumänien, Finnland, Kroatien, Irland und Ungarn. Außerhalb der EU weisen die USA, Kanada, Australien, Albanien, Mazedonien, Norwegen und die Ukraine aus.

Österreich schloss sich den Maßnahmen explizit nicht an und argumentie­rte mit der völkerrech­tlichen Neutralitä­t des Landes und dem Bestreben, die „Gesprächsk­anäle“nach Moskau offen halten zu wollen.

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BILD: SN/AFP Weltweite Reaktion auf Giftanschl­ag: Der russische Präsident Wladimir Putin muss rund 140 seiner Diplomaten zu Hause in Empfang nehmen.

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