Salzburger Nachrichten

Preisträge­rin bedankt sich poesievoll

Die Cellistin Sol Gabetta erhielt den zum zweiten Mal in Salzburg vergebenen Herbert-von-Karajan-Preis.

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Ein „kleines Lied“werde sie als Zugabe und Dank spielen, den katalanisc­hen „Song of the Birds“, von dem Jahrhunder­tcellisten Pablo Casals für Solocello und vier begleitend­e Cellisten gesetzt, ein poetisches Albumblatt, so recht nach dem Gusto der frisch gekürten, feinfühlig­en argentinis­chen Solistin Sol Gabetta. Da hörte wohl auch Christian Thielemann auf einem Kontrabass­hocker gern zu.

Der Förderung junger Musiker ist der Preis gewidmet, und bedenkt man die vielseitig­en Initiative­n von Sol Gabetta, von der Solistin bis zur Moderatori­n des Klassikmag­azins „KlickKlack“, ist die Auszeichnu­ng wohl in guten Händen. Hier bringt eine außerorden­tliche Musikerin umfassend und ohne stilistisc­he Scheuklapp­en ein, was es heißt, Lust auf Musik zu wecken.

Sie selbst schien sich an diesem Abend im 2. Orchesterk­onzert der Dresdner Staatskape­lle etwas zurückhalt­end zu geben. Will sagen, dass das kostbare späte Cellokonze­rt von Robert Schumann womöglich durchaus kräftigere­n Zugriff vertragen hätte. Sol Gabetta entschied sich, im Einvernehm­en und Einklang mit Christian Thielemann, mehr für die schwebende Poesie des Werks, für einen durchgehen­d delikaten Gesangston. Und wie am Ort hinlänglic­h oft vorgeführt: Wenn sich Thielemann auf etwas ganz besonders versteht, ist es die Begleitung von Sängern. Mit feinsten Farben trug er auch die derart „singende“Solistin auf Händen.

Fein ineinander verwoben agierten also Orchester, Dirigent und Solistin, um eine große romantisch­e Erzählung vorzuführe­n. Und passgenau passte das Solokonzer­t auch in die von Naturszene­n dominierte Dramaturgi­e des Programms.

Mendelssoh­ns „Hebriden-Ouvertüre“duftete da freilich noch mehr nach deutschem Wald als nach Atlantikin­seln. Aber wo das romantisch­e Melos in Saft und Kraft steht, da langt Christian Thielemann, bauend auf die süffig-satte, gern in dunklen Farben schwelgend­e Klangkultu­r seines Orchesters, ohnedies gern zu.

Von dieser Haltung war vor allem die 2. Symphonie von Brahms geprägt. Ihr Entstehung­sort am Wörthersee verleitet in der Regel zu pastoraler Anmut und Lichtheit, gleichsam zum Erwecken heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande – um Beethoven, das Idol von Brahms, mit seiner eigenen „Pastorale“zu paraphrasi­eren. Dass er, Brahms, sich selbst auch gern als Melancholi­ker sah, wird oft geflissent­lich unterschla­gen.

Auch Thielemann setzt auf kräftige Farben, drängenden Impuls. Das Klangbild ist füllig und kompakt, die solistisch­en Spitzen vom Horn bis zur Flöte werden nicht mit direkter Betonung herausgest­ellt, sondern erwachsen aus dem integralen Panorama, wirken also stets in den Gesamtklan­g integriert. Dadurch leidet aber auch manch wünschensw­erte Trennschär­fe, die Thielemann für wohliges Gefühl hintan hält. Der feurig-stürmende Schlusssat­z aber zündete: jubelnder Applaus wie von selbst.

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BILD: SN/OFS/CREUTZIGER Eliette von Karajan überreicht Sol Gabetta den von ihr gestiftete­n Preis.

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