Prozess um Vergewaltigung endet mit zwei Freisprüchen
Ein Afghane und ein Somalier sollen mehrfach ein 15-jähriges Mädchen bei Tulln (NÖ) vergewaltigt haben. Der Prozess endete in erster Instanz mit einem Paukenschlag.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit ist am Dienstag am Landesgericht St. Pölten eine Straftat verhandelt worden, die im Jahr 2017 für Entsetzen sorgte.
Ein Afghane und ein Somalier sollen eine 15-Jährige, die am Abend vom Bahnhof Tulln gerade auf dem Weg zu ihrem Vater war, attackiert und mehrfach vergewaltigt haben. Der Somalier soll dem Mädchen dabei auch einen Schlag mit der Faust versetzt haben.
Um die Täter auszuforschen, wurde damals erstmals in Österreich ein Massen-DNA-Test durchgeführt. Insgesamt 65 Männer wurden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft überprüft. Am Ende führte die Spur zu den beiden zum Tatzeitpunkt 18-jährigen Asylbewerbern. Sie wurden im Mai 2017 festgenommen.
Im Prozess am Dienstag bekannten sich die beiden Angeklagten nicht schuldig. Laut ihren Verteidigerinnen soll der Geschlechtsverkehr einvernehmlich gewesen sein. Die Burschen gaben an, mit der 15Jährigen zuvor noch Marihuana geraucht und geredet zu haben. Die Asylbewerber waren zum Tatzeitpunkt im Containerdorf in Tulln untergebracht und wurden beim Prozess aus der U-Haft vorgeführt.
Seit Dienstagabend sind die 19jährigen Asylbewerber aber wieder enthaftet. Denn: Die Schöffenrichter sprachen sie vom Vorwurf der Vergewaltigung frei. Der Schöffensenat habe im Zweifel für die Angeklagten entschieden, sagte der Vorsitzende Richter. Der Vorfall habe sich „sicher nicht wie in der Anklageschrift“zugetragen, sagte der Richter. Der gesamte Schöffensenat gehe davon aus, dass es zunächst zu einem „mehr oder weniger freundschaftlichen Treffen“zwischen den drei oder vier Beteiligten gekommen sei, bei dem auch ein Joint im Spiel gewesen sei.
Der Richter verwies auf die Aussage einer Zeugin, wonach die 15Jährige Drogen gekauft habe. Es sei daher lebensnaher erschienen, dass die beiden 19-Jährigen – wie von ihnen angegeben – von dem Mädchen Marihuana bekommen hätten.
Die Staatsanwaltschaft habe zur Aufklärung der Straftat „alle Register gezogen“, verwies der Richter in seiner ausführlichen Urteilsbegründung auch auf die durchgeführte Massen-DNA. Es sei dem Schöffensenat „sehr wohl aufgefallen, dass extreme Widersprüche in der Aussage des Erstangeklagten existiert haben“, sagte er.
„Freundschaftliches Treffen“ Freiwillige Verletzungen?
Es seien bei der 15-Jährigen „eindeutige Verletzungsspuren diagnostiziert“worden – Kratzspuren am Rücken, an Knien und Oberschenkeln sowie eine Rötung am Kinn. Dies würde dafür sprechen, dass sich der Vorfall wie in der Anklageschrift geschildert zugetragen habe. Allerdings habe nicht ausgeschlossen werden können, dass das Ganze freiwillig erfolgt sei, erklärte der Richter.
Unterschiedliche Aussagen in den fünf Einvernahmen des Mädchens gab es nach Ansicht des Schöffensenats zum Beispiel zum Ablauf des Geschehens – etwa ob es zwei oder drei Männer gewesen seien.
Das Verfahren geht aber in die nächste Instanz. Denn die Staatsanwaltschaft meldete umgehend Nichtigkeitsbeschwerde an, damit sind die Urteile (also die Freisprüche) nicht rechtskräftig.