Fliegen wieder mit ein bisschen Feeling
In den Flugzeugen ist es eng geworden. Massentransport statt Komfort, lautete lange die Devise. Jetzt will man das Holzklasse-Image wieder loswerden. Und lässt sich einiges einfallen.
Fliegen ist billig geworden, immer öfter allerdings auch unbequem. Viele Airlines folgten nach der Wirtschaftskrise und mit wachsender Konkurrenz von Billiganbietern der Devise: Je mehr Gäste in einem Flieger transportiert werden können, umso kosteneffizienter ist man unterwegs. Die Sitze wurden schmäler, der Abstand zu Vordermann und Nachbar kleiner. Mit dem Ergebnis, dass man über die einst passable Economy Class nur noch als Holzklasse witzelt.
Mittlerweile ist bei den großen Airlines eine leichte Trendwende wieder hin zu mehr Komfort zu spüren. Freilich gegen Aufpreis. Die Austrian Airlines (AUA) haben seit Mitte März auf allen Langstreckenflügen ein neues Abteil eingerichtet, die Premium Economy Class. Für Mehrkosten von 300 bis 500 Euro pro Ticket im Vergleich zur Economy Class erhält der Fluggast einiges, etwa mehr Sitzbreite (47 bis 48,3 Zentimeter statt 42,7 bis 47,8 Zentimeter in der Economy) sowie mit 38 (statt 31) Zoll Leerraum zwischen den Sitzen mehr Beinfreiheit. Den Sitznachbarn hält eine doppelte Sitzlehne mit ausklappbaren Tischen auf Distanz. Und für ein Schläfchen lassen sich die Stühle fühlbar weiter nach hinten verstellen als in der Economy Class. Dazu ist der Bildschirm deutlich größer, und das Essen wird im Porzellangeschirr serviert.
Man wolle mit der Premium Economy wieder „ein bisschen Feeling“vermitteln, sagt Ines Waschl, Leiterin des touristischen Vertriebs der Lufthansa-Gruppe in Österreich. Mit der neuen Klasse folgt man dem Vorbild des Mutterkonzerns, die Lufthansa hat die Premium Econo- my Class schon länger in ihrem Programm. Weil Österreich dafür einer der stärksten Verkaufsmärkte gewesen sei, sagt Waschl, habe man nun auch die AUA-Flugzeuge entsprechend umgerüstet.
In der Boeing 767 verfügt die neue Klasse über 18 Sitze, in der Boeing 777 sind es 24. Um für das neue Angebot Platz zu schaffen, habe man an Bord sowohl die Economy als auch die Business Class verkleinert, sagt Waschl. Zwar könnte man in Richtung hochpreisiger Destinationen wie den Seychellen oder Malediven mehr Business-Plätze verkaufen, als schon bisher zur Verfügung gestanden seien. Auf Flügen nach Sri Lanka oder Kuba tue die neue Klasse aber „sehr gut“. Der Aufpreis ist offenbar für nicht wenige Kunden verschmerzbar, wenn man damit auf der Langstrecke die Holzklasse hinter sich lassen kann.
Die AUA ist mit ihrer neuen Klasse kein Einzelfall. Der Trend in der Innenausstattung von Flugzeugen gehe generell immer mehr in Richtung Differenzierung, sagt Wolfgang Starzacher. Der Steirer hat sich mit seinem Unternehmen AMES auf Instandhaltungsmanagement und Innenausbau von Flugzeugen spezialisiert und kommt damit auf einen Jahresumsatz von zehn bis zwölf Mill. Euro. Rund 60 Mitarbeiter arbeiten in der Zentrale in Peggau und den zwei weiteren Firmensitzen in Neusiedl und Dublin. Zu den Kunden zählen neben der AUA etwa auch die Brussels Airlines, Iceland Air, die Turkish Airlines oder Air France. In Summe hat man in den vergangenen 15 Jahren für über 400 Kunden rund 1200 Projekte umgesetzt. Das weltweite Marktvolumen der Branche liegt bei rund 16 Mrd. Euro pro Jahr, bei einer Wachstumsrate von mehr als acht Prozent.
„Die Airlines haben realisiert, dass man sich in der Innenausstattung von der Konkurrenz unterscheiden und auch abheben kann“, sagt Starzacher. Gleichzeitig werde das Interieur leichter verwandelbar. So könnten je nach Nachfrage auch die Tarife flexibler gestaltet werden.
Für die isländische Billigfluggesellschaft WOW air hat AMES einen Seat Blocker entwickelt. Der Mittelsitz wird zum Tischchen umgebaut und so aus einem Economy-Sitz eine Business Class. Die Iceland Air vergrößert oder verkleinert ihre Klassen an Bord mithilfe eines vollbeweglichen Vorhangs. Mit noch weniger kommt Eurowings aus. Eine Leuchte mit der Aufschrift BEST zeigt an, wo jene Passagiere sitzen, die auch ein Essen oder anderen Zusatzservice gebucht haben. Selbst die Ruhezonen des Bordpersonals werden flexibler gestaltet. Ein schallabsorbierender Rundumvorhang macht auf der Langstrecke aus einem Flugzeugsitz ein „Crew Rest Compartment“.
Das Innenleben von Passagierflugzeugen werde weiter optimiert und angepasst, sagt Starzacher, „da geht noch was“. Auch beim Auto habe es früher nur ein paar wenige Optionen gegeben, heute werde konfiguriert und individualisiert. Die Trends beim Fliegen seien Internetfähigkeit, interaktive Unterhaltungssysteme, angenehmere Beleuchtung und – Gott sei Dank – den Sitzkomfort erhalten.
„Flugzeuge werden weiter optimiert.“W. Starzacher, AMES-Geschäftsführer