„Gute Zeiten nicht ungenützt lassen“
Die Nationalbank lässt bei ihren Anstrengungen, das Bankensystem stabiler zu machen, nicht nach. Die Regierung ermuntert sie, die günstige Konjunktur für strukturelle Reformen im Staatshaushalt zu nützen.
WIEN. Seit dem Niedergang der Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 seien die Notenbanken „im Krisenmodus unterwegs“, sagte Gouverneur Ewald Nowotny bei der Präsentation der Bilanz der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) für das Jahr 2017. Jetzt befinde man sich in den guten Zeiten – und die sollten genützt werden, um die Stabilität im Bankensystem und im Unternehmenssektor weiter zu erhöhen und die öffentlichen Haushalte „energisch zu konsolidieren“.
Dabei müsse allerdings auch auf die soziale Stabilität geachtet werden, sagte Nowotny, man müsse sicherstellen, dass der Aufschwung auch den sozial Schwächeren zugutekomme. Ob das von der Regierung vorgestellte Doppelbudget für 2018/19 dieser Empfehlung entspricht, wollte Nowotny im Detail nicht bewerten, „ich bin für die Geldpolitik und nicht für die Budgetpolitik zuständig“. Mit der Aussage, es gehe beim Budget „nicht nur um einen Saldo, sondern um die Struktur“, ließ Nowotny jedoch erkennen, dass er sich in dieser Hinsicht ein ambitionierteres Vorgehen der Regierung vorstellen kann.
Zu dem im Regierungsprogramm festgehaltenen Plan, die Bankenaufsicht in einer Institution zusammenzuführen, sagte Nowotny, „wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen“. Ein Blick auf die europäische Entwicklung lasse eine Konsolidierung sinnvoll erscheinen. Derzeit ist die Überwachung der Banken zwischen OeNB und Finanzmarktaufsicht (FMA) aufgeteilt. Die Notenbank ist für die operative Aufsicht zuständig, die behördlichen Funktionen nimmt die FMA wahr. Die würde die OeNB gern übernehmen. Das entspräche auch einer Variante im Bericht der schon von der vorigen Regierung eingesetzten Expertenkommission. Nowotny erwartet, dass dieses Papier die Basis für die Gespräche sein wird, „aber wir sind in dieser Frage das Objekt“.
In der europäischen Geldpolitik erwartet Nowotny im Sommer eine Richtungsentscheidung. Unter der Voraussetzung, dass sich die Wirtschaft so entwickle, wie man das derzeit annehme, sollte es möglich sein, das Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Wertpapieren „deutlich zu reduzieren, in Richtung einer Beendigung“, sagte der Gouverneur.
Bis Mitte März hat die EZB Wertpapiere im Nominale von 2366 Mrd. Euro gekauft, der Anteil der OeNB liegt bei 53 Mrd. Euro. Beide Institutionen haben zusammen 43 Mrd. Euro in österreichische Bundesanleihen investiert, das ist ca. ein Viertel des aushaftenden Volumens.
Wirtschaftlich war 2017 für die OeNB ein gutes Jahr, das geschäftliche Ergebnis lag mit 286 Mill. Euro um sieben Prozent über dem Wert von 2016. An den Bund werden davon 246 Mill. Euro abgeliefert, 174 Mill. Euro macht der 90-prozentige Gewinnanteil aus, 72 Mill. Euro sind die Körperschaftsteuer. Im vergangenen Jahrzehnt habe die OeNB somit 2,9 Mrd. Euro an die Republik abgeliefert, sagte der Präsident des Generalrats, Claus Raidl.
Trotz des anhaltenden Niedrigzinsumfelds erzielte die OeNB mit 664 (2016: 650) Mill. Euro ein leicht besseres Nettozinsergebnis, mit 665 Mill. Euro blieben die Gesamterträge allerdings hinter 2016 (693 Mill. Euro) zurück. Grund waren höhere Abschreibungen und geringere Beteiligungserträge. Dies konnte jedoch durch einen gesunkenen Personalaufwand sowie geringere Aufwendungen für Altersvorsorgen wettgemacht werden. Die Rückstellungen zum Abdecken von Risiken (Zinsänderung, Markt, Fremdwährung, Goldpreis) wurden um 275 Mill. Euro auf vier Mrd. Euro erhöht. Insgesamt stehen der OeNB 7,6 Mrd. Euro zur Verlustabdeckung zur Verfügung. Die Rückführung der Goldbestände von 140 Tonnen wird heuer abgeschlossen. Von 2015 bis 2017 wurden 70 Tonnen aus dem Vereinigten Königreich zurückgeholt, zu Jahresende soll die Hälfte der Goldreserven in Österreich lagern.