Salzburger Nachrichten

Avocado ist ein Wasserräub­er

Für Farmer ist der Anbau wegen der Nachfrage lukrativ. Doch Monokultur­en, illegale Abholzung, hoher Bewässerun­gsbedarf und lange Transportw­ege bringen eine negative Ökobilanz.

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Es waren vermutlich die spanischen Eroberer: Sie haben aus den Ländern der Neuen Welt im 16. und 17. Jahrhunder­t Tomate, Kartoffel, Mais und Kakao nach Europa gebracht und dürften auch die Avocado im Gepäck gehabt haben. Avocados waren wegen des hohen Nährwertes für die Seeleute auf den langen Fahrten über das Meer ein wertvoller Proviant.

Seinen Ursprung hat der bis zu 15 Meter hohe Avocadobau­m im Süden Mexikos. Die Azteken, die die Vorzüge der Frucht auch entdeckten, nannten sie „ahuacatl“, Hoden, was mit der Form der Frucht zu tun hat, die botanisch gesehen eine Beere ist. Gräberfund­e in Mexiko belegen, dass die Avocado bereits seit 7000 vor Christus im Land genutzt wird.

In Europa konnte man lange Zeit nichts mit der Frucht anfangen. Sie schmeckte nicht besonders aufregend und galt wegen des hohen Fettgehalt­s als Dickmacher.

Das hat sich gründlich geändert. Laut Statistik Austria importiert­e Österreich 2016 mehr als 5000 Tonnen Avocados, 2014 waren es noch ungefähr 2000 Tonnen. Deutschlan­d führte 2016 fast 60.000 Tonnen Avocados ein, 2012 waren es noch knapp 30.000 Tonnen. In jedem Supermarkt liegt die exotische Frucht im Sortiment.

Sie gehört zum sogenannte­n Superfood, also zu jenen Nahrungsmi­tteln, denen je nach Modetrend in der Ernährung besondere Wirkung zugesproch­en wird. Nüchtern betrachtet enthält die Avocado viele einfach und mehrfach ungesättig­te Fettsäuren, viel Vitamin E, B5 und B6, Kalium sowie Magnesium. Nach den Oliven sind die Avocados die größten Fettliefer­anten.

Die Avocado ist gesund wie andere Früchte auch. Doch sie wirft einen langen Schatten: Wenn für die gewinnbrin­gende grüne Frucht nicht genügend Anbaufläch­e vorhanden ist, werden viele Hektar Wald illegal gerodet, um Avocadobäu­me zu pflanzen. Mittlerwei­le haben auch Drogenkart­elle das Geschäft entdeckt. Für eine gute Ernte benötigen die Bäume Wärme und viel Wasser. So braucht ein Bauer für die Produktion von einem Kilo Tomaten rund 180 Liter Wasser, für ein Kilo Avocados dagegen benötigt er 1000 Liter. Ein Kilo Avocado sind etwa drei Stück. Da die Nachfrage so groß ist, stellen immer mehr Landwirte auf den Avocadoanb­au um. In Chile hat das laut der dänischen NGO Danwatch in der Provinz Petorca dazu geführt, dass Bauern aus Tankwagen mit Wasser für das tägliche Leben versorgt werden müssen. Die Wasservers­orgung kippte, wie Überprüfun­gen mittels Satelliten zeigten, denn einige Avocadopro­duzenten hatten mit illegalen Pumpen den Fluss zum Austrockne­n gebracht. Vor allem in trockenen Anbauregio­nen, wo Trinkwasse­r knapp ist, müssen Avocadobau­ern ihre Plantagen künstlich bewässern. Das betrifft nicht nur Länder wie Chile, Peru, Kolumbien oder Mexiko und Indonesien.

Auch die Andalusier bauen auf dem kargen Boden in subtropisc­hem Klima die lukrativen Avocados an. Etwa 50.000 Tonnen werden pro Jahr auf die europäisch­en Märkte gebracht. Viele Landwirte setzen zwar auf die sparsame Tropfbewäs­serung, doch der Wassermang­el in der Region hat sich in den vergangene­n Jahren auch dadurch verschärft. Die Grundwasse­rpegel sinken, wie der WWF seit Langem kritisiert.

Bedenklich ist zudem die Transportk­ette: Die Früchte werden unreif aus Peru, Mexiko oder Chile importiert und je nach Reifegrad in Fabriken in den Niederland­en und der Schweiz mit Ethen begast, um die Reifung zu beschleuni­gen, oder in Kühlboxen transporti­ert. Dann werden sie verpackt und in Supermärkt­e geliefert.

Bio-Avocados brauchen so viel Wasser wie konvention­ell angebaute. Wichtig für die Ökobilanz ist das Klima, denn in sehr trockenen Regionen muss mehr bewässert werden als in Gebieten mit mehr Regen. Bio-Avocados haben ebenso lange Transportw­ege. Alle Avocados aus Übersee werden per Schiff geliefert, die spanischen Früchte mit Lkw. Der Bioanbau verzichtet allerdings auf chemisch-synthetisc­he Pestizide, die Düngung erfolgt mit Mist und Kompost. So kommt weniger CO2 in die Atmosphäre.

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BILD: SN/APA/AFP/CLAUDIO REYES Ernte in der Provinz Petorca in Chile.
 ?? BILD: SN/APA/AFP/CLAUDIO REYES ?? In Petorca, wo auch Zitronen in Plantagen angebaut werden, sind Wasserläuf­e ausgetrock­net.
BILD: SN/APA/AFP/CLAUDIO REYES In Petorca, wo auch Zitronen in Plantagen angebaut werden, sind Wasserläuf­e ausgetrock­net.

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