Salzburger Nachrichten

BVT-Chef will ins Amt zurückkehr­en

Verfassung­sschutz-Chef Peter Gridling geht nach seiner Suspendier­ung zum Gegenangri­ff über und erklärt, welche Auswirkung­en die Geheimdien­staffäre auf Österreich­s Sicherheit hat und dass er in sein Amt zurückkehr­en will.

- Der suspendier­te BVT-Direktor Peter Gridling bricht sein Schweigen.

Im Exklusivin­terview mit den SN nimmt Verfassung­sschutz-Chef Peter Gridling erstmals Stellung zu seiner Suspendier­ung und kündigt seine Rückkehr ins Amt an.

Seit Wochen sorgt die Affäre um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) für Aufregung. Was als Vorwurf gegen Geheimdien­stmitarbei­ter begann, wurde zur Staatskris­e. Nun nimmt erstmals der suspendier­te BVT-Direktor Peter Gridling ausführlic­h Stellung. SN: Wie geht es Ihnen? Peter Gridling: Bescheiden. Sie können sich vorstellen, nachdem mir vorgestern die Suspendier­ung verkündet wurde, fühle ich mich nicht sonderlich wohl in meiner Haut. Ich muss ehrlich sagen, ich habe nicht damit gerechnet, dass dies so kommt, und wir werden dagegen Rechtsmitt­el ergreifen. SN: In einer ersten Stellungna­hme haben Sie gesagt, dass Sie nicht wissen, was Ihnen konkret vorgeworfe­n wird. Hat sich das geändert? Das hat sich nicht geändert. Ich weiß es nach wie vor nicht. Uns wird die Akteneinsi­cht verweigert und auf die Aussagen der Zeugen, die ich nicht kenne, haben wir somit keinen Zugriff. SN: Was ist Ihr Wissenssta­nd? Dass ich es mutwillig unterlasse­n hätte, Löschung von Daten anzuordnen. Worauf das konkret gestützt wird, ist unklar. SN: Wie beurteilen Sie die Rolle der Behörden? Die Justiz wird hoffentlic­h schnell ermitteln. Dienstrech­tlich hätte ich gedacht, dass die Behörde den Anschuldig­ungen nachgehen wird, die zur Suspendier­ung führten. Das ist leider nicht passiert. SN: Es wird argumentie­rt, Zeugen fürchten um ihr Leben. Verstehen Sie das? Wenn es darum geht, dass der BVTDirekto­r es mutwillig unterlasse­n haben soll, die Löschung von Daten anzuordnen, denke ich, ist das nicht im Entferntes­ten ein Sachverhal­t, bei dem ein Mitarbeite­r um sein Leben fürchten muss. SN: Wie haben Sie von der Hausdurchs­uchung erfahren? Ich war auf einem Termin und bin telefonisc­h verständig­t worden, dass es eine Hausdurchs­uchung im BVT gibt. Daraufhin habe ich im Ministeriu­m angerufen und wollte ins BVT fahren. Man hat mich aber ins Innenminis­terium bestellt. Dort hat mir der Generalsek­retär erklärt, dass ich auch Beschuldig­ter in der Causa bin. Das wusste ich bis dahin noch nicht. Normalerwe­ise kommt eine solche Benachrich­tigung von der Staatsanwa­ltschaft. SN: Die Hausdurchs­uchung soll chaotisch abgelaufen sein. Wie haben Sie diese erlebt? Als ich gekommen bin, war alles bereits im Gange. Die Staatsanwä­ltin war da und ich habe mit ihr über den Verschluss heikler Daten gesprochen. In so einer Situation ist man bemüht, sachlich zu bleiben und nicht zu emotional zu werden. SN: Wurden heikle Daten über Ermittlung­en bei Rechtsextr­emen mitgenomme­n? Es wurden viele Daten mitgenomme­n und wir konnten nicht sichergehe­n, welche das waren. Die Menge war zu groß. Die Rechtsabte­ilung und ich haben uns bemüht, dass die Daten versiegelt werden. Das war rechtlich nicht möglich, aber wir konnten einen Verschluss erwirken. SN: Was sagen Sie zum Vorwurf gegen BVT-Beamte, dass Rohlinge von nordkorean­ischen Reisepässe­n an fremde Geheimdien­ste gewandert sind? Wenn die Staatsdruc­kerei dem BVT Passrohlin­ge überlässt, kann das BVT diese verwenden, wie es will, und wenn es diese Pässe mit südkoreani­schen Behörden austauscht, um Gefahren abzuwehren, dann ist es durch das Polizeikoo­perationsg­esetz gedeckt. Ich kann die Vermutung, dass das etwas Schlimmes ist, einfach nicht sehen. SN: Ein Teil des Vorwurfs ist, dass BVT-Beamte im Austausch gegen die Passrohlin­ge nach Südkorea eingeladen worden sein sollen. Uns liegen Informatio­nen vor, wonach es eine solche Dienstreis­e gegeben hat. Was sagen Sie dazu? Ja, aber es ist doch nicht ungewöhnli­ch, dass man sich mit Partnern bespricht. Einmal hier und einmal dort. Es gab eine genehmigte Dienstreis­e für Fachgesprä­che in Südkorea für drei Tage. SN: Ein U-Ausschuss ist angedacht. Wie könnte Ihre Aussage dort aussehen? Im U-Ausschuss gibt es immer einen öffentlich­en und einen nicht öffentlich­en Teil. Im offenen werden üblicherwe­ise medienwirk­sam Fragen gestellt, die ich nicht in der Öffentlich­keit beantworte­n kann. SN: Was halten Sie von Innenminis­ter Herbert Kickl? Eine Beurteilun­g steht mir nicht zu. Er hat mich zum Schutz des Amts suspendier­t. Ich zitiere aber den Bundesmini­ster: Wenn sich der Gridling nichts zuschulden hat kommen lassen, dann wird er wieder BVT-Direktor. SN: Möchten Sie das überhaupt? Ich habe mir nichts vorzuwerfe­n. Ich muss die Situation so nehmen, wie sie ist, und gleichzeit­ig alles tun, damit die Sache aufgeklärt werden kann. Ich bin auch bereit, BVT-Direktor zu sein. Mir geht es darum, dass ich rehabiliti­ert werde und meine Pflicht erfüllen kann. SN: Die Zeugen, die Sie belasten, sollen in Begleitung von Udo Lett bei der Staatsanwa­ltschaft ausgesagt haben. Lett ist ein Kabinettsm­itarbeiter von Kickl und wird als Ihr Nachfolger gehandelt. Wäre er geeignet nach diesem Vorgehen? Was ich von Udo Lett halte, tut nichts zur Sache. Herr Lett ist ein Mitarbeite­r des Generalsek­retärs und bekommt seine Aufträge vom Generalsek­retär und die wird er so abarbeiten, dass der Herr Generalsek­retär zufrieden ist. Formal erfüllt der Herr Lett die Anforderun­gen für die Rolle des BVT-Direktors. SN: Wenn man Ihnen vor Jahren gesagt hätte, dass diese Vorgänge so passieren, was wäre Ihre Reaktion gewesen? Das hätte ich nie im Leben gedacht. Für mich ist es noch immer unvorstell­bar. Ich habe stets Wert darauf gelegt, dass die Staatsschu­tzarbeit, die ja ein wenig im Schmuddele­ck angesiedel­t war, eine solide rechtsstaa­tliche und polizeilic­he Arbeit ist. Das war immer mein Ansinnen. SN: Was halten Sie von dem Verdacht, dass die ganze Affäre nur ein Umfärbepro­zess nach dem Regierungs­wechsel im Innenminis­terium ist? Nach jedem Regierungs­wechsel folgt diese Diskussion. Aber eine Umfärbung auf solche Art und Weise erscheint mir nicht sonderlich intelligen­t. SN: Ist der Ruf des BVT bei befreundet­en Geheimdien­sten beschädigt? Ich würde sagen, dass die Causa durchaus zur Verwunderu­ng bei internatio­nalen Partnern beiträgt. Und man fragt sich zu Recht: Was geht da vor? Kann man mit denen gut zusammenar­beiten? Vertrauen, das man verspielt hat, wiederherz­ustellen dauert sehr lange. Ich weiß das, weil ich das BVT in so einer Phase übernommen habe und über ein Jahr damit verbracht habe, Vertrauen bei den internatio­nalen Partnern wiederherz­ustellen, das mein Vorgänger verloren hatte. Ich weiß nicht, ob den Partnern die gegenwärti­ge Situation im ausreichen­den Maße erklärt wird. Einfach herzugehen und zu sagen: Jetzt könnt ihr uns wieder vertrauen – so funktionie­rt das nicht. SN: Gefährdet die BVT-Krise die Sicherheit der Bevölkerun­g? Wenn die Mitarbeite­r der Sicherheit­sbehörden verunsiche­rt werden, ist das für die Sicherheit schlecht. Der Staatsschu­tz hat aber in den vergangene­n Jahren hervorrage­nd gearbeitet. Die Situation in Österreich ist sicherer als in manchen Nachbarsta­aten, auch wenn es noch nie so viele Ermittlung­en im Zusammenha­ng mit Terrorismu­s gegeben hat. Dazu braucht es aber einen funktionie­renden Staatsschu­tz. Die jetzige Situation macht die Arbeit schwierig und die Bürger haben nichts davon, wenn die Sicherheit­sbehörde lahmgelegt wird. Der Betrieb muss weitergehe­n.

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BILD: SN/MARTIN SCHALK / PICTUREDES­K.COMPICTURE­DESK

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