Wo Sebastian Kurz seine ersten Politik-Stunden nahm
Die neue Präsidentin der ÖVP-Akademie, Bettina Rausch, erläutert, was Kurz’ Politik mit Freiheit zu tun hat.
WIEN. Das Springer Schlössl in Wien-Meidling ist die Parteiakademie der ÖVP. Sebastian Kurz soll in seiner Jugendzeit dort so viele Kurse absolviert haben, dass seine Mutter ihn besorgt fragte, ob er nichts Besseres zu tun habe. So steht es in Kurz’ Biografie. Später, als er schon Außenminister war, wurde er selbst Präsident der Politischen Akademie der ÖVP, der Polak. Nun als Kanzler hat er das Amt an seine Vertraute Bettina Rausch weitergegeben.
Auch die 38-jährige Niederösterreicherin kennt die Polak von vielen Kursen, die sie dort als Jungpolitikerin besucht hat. „Vor 18 Jahren habe ich hier bei einem Seminar der Jungen ÖVP zum ersten Mal Politikluft geschnuppert“, erzählt sie. Später habe sie an der Polak die Trainerinnen-Ausbildung gemacht und sei dann selbst als Trainerin tätig gewesen. „Jetzt freue ich mich riesig, hier als Präsidentin arbeiten zu dürfen“, sagt sie im SN-Gespräch.
Ihr Motto für die neue Tätigkeit laute „Fest in den Wurzeln, offen für Neues“. Die ÖVP wolle ihre Wurzeln pflegen, aber auch offen für Anregungen von außen sein.
Was sind die Wurzeln der ÖVP? „Wir haben drei Hauptwurzeln“, antwortet Rausch. „Das Liberale, das Christlichsoziale – also die katholische Soziallehre – und das Konservative.“Diese Werte müsse man immer wieder ins Heute übersetzen.
Heuer, im Gedenkjahr 2018, werde man sich speziell mit dem Wert der Freiheit und mit der Frage beschäftigen, was dieser Begriff heute bedeutet. „1848 ging es um Pressefreiheit und Freiheit von Unterdrückung. 1968 ging es um gesellschaftliche Freiheiten. Heute“, sagt Rausch, „geht es um Freiheit in anderen Zusammenhängen.“Das soeben beschlossene Budget etwa bringe steuerliche Entlastungen und damit mehr Freiheit von staatlicher Bevormundung.
Dass das Christlichsoziale in der aktuellen ÖVP-Politik zu kurz kommt, wie Kritiker anmerken, weist Rausch zurück: „Ein Budget, bei dem die Hälfte des Geldes in Soziales und Gesundheit fließt, kann man wohl schwer als unsozial bezeichnen“, sagt sie. Auch die Integrationspolitik sei keineswegs unsozial. Der Ansatz „Integration durch Leistung“, den Kurz vertrete, entspreche einem christlich-humanistischen Menschenbild. Denn es sei nicht christlich, Menschen einfach zu alimentieren. Man müsse ihnen vielmehr die Chance geben, ihre Begabungen zu nützen und Verantwortung für sich selbst und für die Gesellschaft zu übernehmen.
Aber zurück zur Polak. Der öffentliche Auftrag an sie – wie auch an die Akademien der anderen Parteien – lautet, politische Bildung zu verbreiten. Dafür fließen auch staatliche Förderungen. Konkret zerfällt die Arbeit in drei Bereiche, erläutert Rausch. Erstens sei man eine Bildungseinrichtung für Funktionäre und interessierte Bürger. Zweitens pflege man die Werte der Partei, etwa durch Diskussionen. Drittens versuche man, Impulsgeber für Zukunftsthemen zu sein.
Und bildet die Polak vielleicht gerade den Wahlsieger des Jahres 2040 aus? „Das ist nicht unser Hauptfokus“, sagt Rausch lachend.