Salzburger Nachrichten

Russland weist 60 US-Diplomaten aus und schließt Konsulat

Reaktion auf Ausweisung russischer Diplomaten aus den USA im Zuge der Skripal-Affäre – Gift klebte an Haustür

- SN, APA, dpa

Als Reaktion auf die Ausweisung von 60 russischen Diplomaten aus den USA im Zuge der Skripal-Affäre hat Moskau die Ausweisung derselben Anzahl von US-Diplomaten angekündig­t. Zudem werde das Konsulat der USA in Sankt Petersburg geschlosse­n, sagte Außenminis­ter Sergej Lawrow am Donnerstag­abend in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Die US-Diplomaten müssen das Land bis nächsten Donnerstag verlassen haben. Darunter sind 58 Diplomaten in Moskau und zwei Konsulatsm­itarbeiter in Jekaterinb­urg.

Lawrow sagte, der US-Botschafte­r sei ins Außenminis­terium bestellt worden, wo ihn Vizeminist­er Sergej Rjabkow über die Maßnahmen informiert­e. Der russische Außenminis­ter kündigte die Ausweitung der Vergeltung­smaßnahmen mit gleicher Münze auf weitere Länder an: „Was die anderen Länder angeht, wird es symmetrisc­he Maßnahmen geben, was die Zahl der Menschen angeht, die ihre diplomatis­chen Posten in Russland verlassen müssen.“

Der seit Tagen erwartete Schritt ist die Reaktion darauf, dass rund 25 Staaten – Österreich befindet sich nicht unter ihnen – sowie die NATO mehr als 140 russische Diplomaten ausgewiese­n haben. Besonders scharf hatten die USA reagiert: 60 Diplomaten wurden ausgewiese­n und das russische Konsulat in Seattle muss geschlosse­n werden. Anlass sind die Vorwürfe nach dem Giftangrif­f Anfang März auf den russischen Ex-Doppelagen­ten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia in Südengland.

Im Fall Skripal schaukelt sich der Streit seit Tagen immer höher. Lawrow kritisiert­e die Ausweisung­en russischer Diplomaten am Donnerstag erneut als „absolut inakzeptab­le Handlungen“. Er warf den USA und Großbritan­nien vor, „groben Druck“auf andere Länder ausgeübt zu haben, um diese auf einen „anti-russischen Kurs“zu zwingen. Das harte Vorgehen mit der Ausweisung von Diplomaten ist auch in der EU umstritten. Russland verweist darauf, dass London keine konkreten Beweise gegen Moskau vorgelegt habe. Mehrere EU-Staaten, darunter Österreich, Luxemburg und Griechenla­nd, haben sich nicht an der Aktion beteiligt und argumentie­ren ebenfalls mit der unklaren Beweislage.

Europapoli­tiker der CDU kritisiere­n die österreich­ische Regierung dafür, dass sie keine russischen Diplomaten ausweisen will. Der Außenexper­te Elmar Brok sagte, alle EU-Staaten hätten gemeinsam handeln müssen. „Dass Österreich auf Neutralitä­t pocht, ist absurd, schließlic­h geht es um Solidaritä­t für ein EU-Land, in dem ein offensicht­lich von Russland befohlener Giftanschl­ag verübt wurde.“Der Europaabge­ordnete David McAllister sagte, alle EU-Staaten sollten volle Solidaritä­t zeigen. Seit dem Aufflammen des Streits hatten etwa Großbritan­nien und Russland gegenseiti­g 23 Diplomaten ausgewiese­n. Moskau untersagte auch die Arbeit des britischen Kulturinst­ituts British Council. Zwischen beiden Ländern ist es schon in der Vergangenh­eit zu großen Spionagefä­llen mit der Ausweisung dutzender Vertreter gekommen.

Unterdesse­n gibt es nun zum ersten Mal einen Hinweis, wie die Täter im Fall des vergiftete­n russischen Ex-Doppelagen­ten Sergej Skripal vorgegange­n sein könnten. Skripal und seine Tochter kamen wohl an ihrer eigenen Haustür im englischen Salisbury mit dem Gift in Kontakt. Dort wurde die höchste Konzentrat­ion des Nervengift­s entdeckt, teilte die Polizei mit.

Einem BBC-Bericht zufolge soll es an der Türklinke gewesen sein, möglicherw­eise in Form einer klebrigen Masse, die jemand dort hingeschmi­ert haben könnte. Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie mit dem in der früheren Sowjetunio­n entwickelt­en Kampfstoff Nowitschok vergiftet wurden.

„Es wird Maßnahmen geben.“ Hinweise über Tathergang

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Sergej Lawrow, russ. Außenminis­ter

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