Salzburger Nachrichten

Diese Mona Lisa zeigt nur ihre Rückenansi­cht

In einzelnen Kirchen werden rund um Ostern Altäre verhüllt, das Belvedere „versteckt“Kunstwerke vor den Besucherau­gen.

- Vik Muniz, „Verso“, Oberes Belvedere; bis 17. Juni.

WIEN. Wer die Kunst beherrscht, sollte diese Ausstellun­g auf Händen gehend besuchen. Denn „Verso“stellt alles auf den Kopf, was Ausstellun­gen eigentlich bedeuten. Hier wird keine Kunst ausgestell­t, sondern vorgegeben, dass sich die Kunst vor den Besucherau­gen verbirgt und sich gegen die Wand dreht. Oder hat Leonardos „Mona Lisa“, nachdem sie von Millionen Betrachter­n beäugt worden ist, genug vom Angestarrt­werden? Will sich das Paar, das Gustav Klimt auf „Der Kuss“so golden verewigt hat, seinen intimen Moment nicht mehr durch fremde Menschen stören lassen?

Jedenfalls hat sich „Mona Lisa“der Wand zugewendet, sodass der Besucher nur die hintere Seite des Bildes samt Einrahmung­en und anderen technische­n Details sieht.

Der 1961 in São Paulo geborene Künstler Vik Muniz hat die Rückseiten als 3D-Skulptur, als originalge­treue Nachbildun­g angelegt. Die Fragen „Was ist Kunst“oder „Was ist eine Ausstellun­g“drängen sich auf, sogar, wenn man die anderen Räume des Oberen Belvedere betritt und dort die „richtigen“Bilder hängen sieht. Neben Klimts „Der Kuss“aus dem Sammlungsb­estand hat Muniz auch Egon Schieles Bild „Umarmung“, das ebenfalls im Belvedere gezeigt wird, auf die Rückseite hin „untersucht“.

Wie Vik Muniz bei seiner Presseführ­ung erklärte, sei die Vorderseit­e einer Kunstikone – und nur solche, weltberühm­te Werke hat er ausgesucht – unveränder­lich, doch die Rückseite sei „variabel“und lade zu Entdeckung­en und Überlegung­en. „Für gewöhnlich geht man in ein Museum, um sich mit dem zu konfrontie­ren, das man bereits kennt.“

Auf der sonst verborgene­n Seite seiner dreizehn detailgetr­euen Nachbildun­gen finden sich Zeugnisse der jeweiligen Geschichte und Behandlung wie Zollstempe­l, Etiketten, aufgekritz­elte Nummern und sogar Schrammen früherer „Erlebnisse“. Die Rückseiten sollten Einblicke in die Arbeit der Künstler geben und überdies jeweils „die Geschichte des sagt Vik Muniz.

Die Schau wirkt wie ein „work in progress“, die Bilder lehnen an der Wand, als ob sie auf eine ordentlich­e Befestigun­g warteten. Kurator Harald Krejci erzählt von der Vorbereitu­ngsphase: „Sechs Monate hat es gedauert, bis wir den Klimt-,Kuss‘ überhaupt aus der Vitrine nehmen durften, um die Rückseite zu fotografie­ren.“Für Belvedere-Chefin Stella Rollig ist es wichtig, „auch über Zirkulatio­n im Kunstbetri­eb und die Präsentati­on von Kunst nachzudenk­en“. Ja allerdings, dazu regt Vik Muniz an. Ausstellun­g: Bildes erzählen“,

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BILD: SN/BELVEDERE/STOLL Die unbekannte Seite: „Mona Lisa“von hinten.

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