Radstadt rüstet sich für die Zukunft
Die Stadtgemeinde stellt die Weichen für die nächsten 20 Jahre. Zentraler Punkt ist die Einhausung der Bundesstraße, die seit Jahrzehnten scheitert.
RADSTADT. Der knapp 730 Jahre alte historische Stadtkern ist für Radstadt Fluch und Segen zugleich. Wohnraum wird innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern knapp. „Unterhalb der Altstadt befinden wir uns im Hochwasserschutzgebiet der Enns. Wir können uns daher nur in Richtung Norden entwickeln“, sagt Bürgermeister Josef Tagwercher (ÖVP). Dort wiederum bildet die 1970 errichtete KatschbergBundesstraße eine Barriere.
Die Stadtgemeinde hat deshalb eine Studie für ein Wohnbauforschungsprojekt nördlich der Alt- stadt in Auftrag gegeben. Das Ziel ist ein Masterplan zur Entwicklung einer möglichen „Neustadt“. Dort stehen 14.000 Quadratmeter unbebaute Fläche zur Verfügung.
Eine Übertunnelung der Bundesstraße (B320) auf bis zu einem Kilometer Länge könnte weitere 27.000 Quadratmeter bringen. In diesem Bereich könnte ein Grüngürtel mit Park entstehen, in den man die bestehenden Sportanlagen verlagern würde. Insgesamt beträgt die Fläche einer möglichen Radstädter Neustadt 63.000 Quadratmeter. Zum Vergleich: Die Altstadt erstreckt sich auf 64.000 Quadratmetern.
„Das Bebauungskonzept ist auf 20 Jahre angelegt“, sagt der Architekt Gunther Koppelhuber. In unmittelbarer Nähe des Stadtkerns könnten Wohnsiedlungen auf konzentriertem Raum entstehen. Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr und an die Nahversorger entspricht dem neuen Raumordnungsgesetz des Landes. „Es wäre eine sinnvolle Ortskernverdichtung, die der Zersiedelung entgegenwirkt“, sagt der Bürgermeister.
Projektleiter Koppelhuber befürwortet ein Szenario mit Überdachung: „Die Wertschöpfung würde steigen, je näher man sich am Stadtkern befindet.“Die Kosten einer Übertunnelung würden sich auf 30 Millionen Euro belaufen. Mit den bestehenden Lärmschutzwänden hingegen würde sich der trennende Effekt der Bundesstraße durch die Bebauung der Neustadt sogar noch verstärken, meint Koppelhuber.
„Es gibt seit fast 30 Jahren Pläne einer Übertunnelung“, sagt Tagwercher. In den 1990er-Jahren war das Projekt landesintern sogar drittgereiht, hinter – inzwischen realisierten – Projekten wie dem Lieferinger Tunnel und der Unterflurtrasse Maishofen. 2016 wurde eine Petition für eine Einhausung mit 1400 Unterschriften an den Landtag übergeben. „Damals sind wir mehr oder weniger in der Rundablage gelandet“, sagt Vizebürgermeister Johann Warter (SPÖ).
Eine Studie hingegen verdeutlicht die Problematik: 39 Prozent der Radstädter sind laut „Aktionsplan Österreich“vom Lärm der Bundesstraße betroffen. Auf dieser wichtigen Verbindung zwischen Pongau, Lungau und der Steiermark sind im Schnitt 17.000 Fahrzeuge pro Tag unterwegs – eine Lärmbelastung von 55 Dezibel untertags bzw. 45 Dezibel nachts. „Hier besteht Handlungsbedarf“, sind sich die Gemeinderats-Fraktionen SPÖ, ÖVP und FPÖ einig. Im Juni soll das Wohnbauforschungsprojekt den Vertretern des Landes präsentiert werden.
Auch die Belebung des historischen Ortskerns wird in Radstadt vorangetrieben. Die Bürger haben sich in Form von Workshops an der Entwicklung beteiligt. Im Sommer 2017 wurde die Hauptstraße im Ortszentrum zur Begegnungszone umgewandelt. Seit Februar sind Radfahrer, Busse, Lkw und Pkw sowie Fußgänger gleichrangig unterwegs. Die