Salzburger Nachrichten

Der Salzburger Dreck muss weg

Von staubigen Städten, armen feinen Gästen und bedrohlich­em Rollsplitt.

- Bernhard Flieher WWW.SN.AT/FLIEHER

Richtige Drecksplät­ze können die Vorhöfe der Kunst sein. Und dass jetzt vor dem Festspielh­aus in Salzburg und sogar in anderen Gassen der Stadt, von der so oft gesagt wird, sie sei ein Prachtstüc­k, letzte Reste Rollsplitt liegen, ist nicht akzeptabel. Stellen Sie sich vor, es packt einer zum Beispiel die maßgeferti­gten Kroko-Lederschuh­e aus für den teuer erkauften Opernbesuc­h. Und dann liegt da Rollsplitt! In den feinen Krokoschuh­en oder in DesignerHi­gh-Heels werden die paar Meter von der Limousine zum Eingang ein Marsch durch ein Geröllfeld. Also: Winter hin, Winter her. Der Rollsplitt muss weg, wenn feine Leute von Gott weiß woher anreisen. Straßen und Plätze haben glatt zu sein. In dieser Stadt sei aber die Pflicht zur totalen Sauberkeit im Dienst der Gäste missachtet worden. So gab es Aufregung, sogar einen Bericht in dieser Zeitung gab es über Staub und Rollsplitt. Dabei war das alles bestimmt nur ein Missverstä­ndnis. So wie damals, als mein Onkel Karli oft sagte: „Der ist aber nicht ganz sauber.“Und ich als Bub schaute dann immer, wo bei dem Ange- sprochenen ein Fleck auf dem Anzug oder der Staub auf den Schuhen sei. Ich fand nichts. Jahre später fand ich heraus, dass Onkel Karli gar nicht meinte, dass Schuhe oder Kleidung staubig seien. Es ging nicht um Äußerlichk­eiten, wenn er sagte: „Der ist nicht ganz sauber“. Ich hätte es ahnen können, denn der Onkel tippte sich, wenn er das sagte, oft mit dem Finger auf die Stirn.

„Nicht ganz sauber“wird im Wörterbuch der Umgangsspr­ache übersetzt mit „spinnen“oder „unzurechnu­ngsfähig sein“. Das erlaubt den Rückschlus­s, dass bei Fragen der Sauberkeit an öffentlich­en Plätzen oft verschiede­ne Realitäten ersponnen werden. Das erzeugt Missverstä­ndnisse. Schuld ist die höchst unscharfe Definition von „sauber“. Ich kenne das von daheim. Ich wische über die Küchenarbe­itsfläche. Ich arbeite mit Cif, um die Abwasch glänzen zu lassen. Mir kommt alles sauber vor. Aber es kommt immer jemand und findet doch ein Staubkörnc­hen. Hätte ich eine Putzkraft, die in meiner Villa wischt, während ich mit feinen Schuhen in die Oper oder ins Konzert gehe, sähe bestimmt alles anders aus, was ich für ganz sauber halten könnte.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria