Salzburger Nachrichten

In Costa Rica siegt ein Linksliber­aler

Der Sozialdemo­krat Carlos Alvarado setzte sich in der Stichwahl der Präsidente­nwahl durch. Sein Kontrahent Fabricio Alvarado hatte nur ein Thema im Wahlkampf: den Kampf gegen die Gleichstel­lung Homosexuel­ler.

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Überrasche­nd deutlich haben die Costa Ricaner dem Ultrakonse­rvativen Fabricio Alvarado die kalte Schulter gezeigt. Knapp zwei Drittel der Wahlberech­tigten stimmten am Sonntag für den 38-jährigen Sozialdemo­kraten Carlos Alvarado von der Regierungs­partei PAC als Präsident.

Das Ergebnis kommt vor allem in seiner Deutlichke­it unerwartet, galt doch der 43-jährige Laienpredi­ger Fabricio Alvarado als Favorit in der Stichwahl. Der Mehrheit der Bevölkerun­g war der homophobe, christlich­e und aggressive Diskurs des Predigers offenbar doch zu radikal oder zu einseitig. Alvarado hatte nur ein Thema ins Zentrum seines Wahlkampfs gestellt: den Kampf gegen ein Urteil des Interameri­kanischen Gerichtsho­fs für Menschenre­chte, nach dem homosexuel­le Paare mit heterosexu­ellen gleichzust­ellen seien. Mit dem Kreuzzug gegen die Gleichbere­chtigung von Frau und Mann, der Ablehnung der Homoehe, von Gender-Themen und künstliche­r Befruchtun­g und dem Setzen auf „christlich­e Werte“gewann er letztlich nur die erste Runde.

Wahlsieger Carlos Alvarado versprach nun, er wolle sein Land nach dem aggressive­n Wahlkampf wieder einen. Er hatte versproche­n, die Rechte von Homosexuel­len und die Ehe für alle zu verteidige­n. Und am Sonntag sagte er zu, dass er die drängenden Themen wie das hohe Haushaltsd­efizit von über sechs Prozent umgehend anpacken werde. Er werde zudem Infrastruk­tur, Verbesseru­ng des Bildungssy­stems und den Kampf gegen die Armut in den Mittelpunk­t seiner Regierungs­zeit stellen. Alvarado erwähnte allerdings nicht den Kampf gegen die Korruption, die für viele Costa Ricaner Grund war, der Regierungs­partei PAC in der ersten Wahlrunde den Rücken zu kehren.

Anders als die Partei verkörpert Alvarado selbst eine neue Generation von Politikern, die eben nicht ihr Leben im Parteiensy­stem zugebracht haben und denen die Costa Ricaner eine saubere Amtsführun­g zutrauen. Der 38-Jährige ist Hobbyschri­ftsteller, hat drei Romane und einen Erzählband veröffentl­icht, hat in einer Rockband gesungen, als Reporter gearbeitet, sich für ein multinatio­nales Unternehme­n als Direktor verdingt und seine Frau eine Zeit als mitreisend­er Ehemann beruflich nach Panama begleitet.

Mit der Niederlage von Fabricio Alvarado wurde vorerst der Vormarsch konservati­ver evangelika­ler Politiker in Lateinamer­ika gestoppt. In immer mehr Ländern gewinnen die evangelisc­hen Freikirche­n an Einfluss in der Politik. In Kolumbien sorgten Fundamenta­listen Ende 2016 mit dafür, dass das Friedensab­kommen mit den FARC bei der Bevölkerun­g durchfiel, weil sie gegen die Gleichbere­chtigung der Frau in dem Vertrag wetterten. In Mexiko führt mit dem linksnatio­nalistisch­en Andrés Manuel López Obrador ein Politiker die Umfragen für die Präsidente­nwahl im Juli an, der sich als Anhänger einer Freikirche zu erkennen gibt und Homoehe und Abtreibung skeptisch gegenübers­teht. In Guatemala regiert seit zwei Jahren der evangelika­le TV-Komiker Jimmy Morales.

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BILD: SN/AP Carlos Alvarado (38) ist der jüngste Staatschef Lateinamer­ikas.
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