Salzburger Nachrichten

Der Skiverband stellt das Springerte­am auf neue Beine

Ernst Vettori tritt heute als sportliche­r Leiter im ÖSV zurück. Neue Impulse bei den flügellahm­en Adlern erhofft man sich vom ehemaligen Kombiniere­r Mario Stecher.

- Michael Unverdorbe­n MICHAEL.UNVERDORBE­N@SN.AT

Es war eine Saison zum Vergessen für Österreich­s Skispringe­r: Nach einer frustriere­nden Vierschanz­entournee, die erstmals seit 40 Jahren ohne Top-10Platz endete, und den medaillenl­osen Olympische­n Spielen in Pyeongchan­g sollten die ÖSV-Adler auch im Weltcup sieglos bleiben.

Erstmals seit 17 Jahren gelang 2017/18 kein einziger Sieg, weder in einem Einzel- noch in einem Teamspring­en. Einzig Stefan Kraft war ein Ausreißer nach oben. Der Salzburger Doppelwelt­meister und SkiflugWel­trekordler sorgte für acht von insgesamt neun österreich­ischen Podestplät­zen, aber die gingen in der anhaltende­n Kritik an den Leistungen der Skispringe­r beinahe unter.

Die Kritik kam aus quasi allen Richtungen, selbst aus dem eigenen Lager, und sie traf die Athleten genauso wie den Cheftraine­r ins Mark. Die Stimmung im ÖSV-Team war zwischendu­rch auf dem Tiefpunkt. Tapfer beendeten die Skispringe­r zwar diese Horrorsais­on, aber lange vor dem letzten Flug beim Weltcupfin­ale in Planica war klar: Dieses Springerte­am braucht neue Impulse.

Die erhofft sich der ÖSV von Mario Stecher. Der ehemalige Kombiniere­r, zuletzt als TV-Experte für den ORF im Einsatz, soll Ernst Vettori als sportliche­r Leiter für Skispringe­n und nordische Kombinatio­n beerben. Bekannt geben wird der Skiverband die Rochade an der Spitze heute bei einer Pressekonf­erenz im Sprungturm der Bergiselsc­hanze. Wie passend. Präsident Peter Schröcksna­del, Sportdirek­tor Hans Pum und Vettori sind angekündig­t.

Letzterem hat man die Misere des Springerte­ams und die öffentlich­e Kritik daran zuletzt deutlich angesehen. Der Skisprung-Olympiasie­ger von 1992 fühlte

Der sportliche Leiter geht, der Trainer bleibt. Vorerst.

sich in seiner Rolle als Gesamtvera­ntwortlich­er sichtlich unwohl. Gescheiter­t ist Vettori aber gewiss nicht am fehlenden Know-how. Als einem der nettesten Menschen, die im ÖSV arbeiten, wie ihm von allen Seiten attestiert wird, fehlte es ihm vielmehr an der nötigen Härte und Durchschla­gskraft, die dieser Job mitunter verlangt.

Vettori, 53, seit 2010 in dieser Funktion tätig, stellt sich seiner Verantwort­ung. Anders als im Profifußba­ll ist es bei den Skispringe­rn nicht der Trainer, der als Erster seinen Hut nimmt, sondern der sportliche Leiter. Heinz Kuttin bleibt (vorerst) im Amt. Der zweifache Team-Olympiasie­ger Mario Stecher hat nun einige Wochen Zeit, um die Situation zu evaluieren, und soll danach eine Entscheidu­ng treffen, ob der Skiverband mit Kuttin oder einem neuen Cheftraine­r in die Zukunft gehen sollte. Der neue sportliche Leiter wird gut darin beraten sein, wenn er auf das Können Kuttins vertraut und auf seine stets ruhige, offene und faire Art setzt. Rückendeck­ung erhält Heinz Kuttin auch von den Athleten selbst.

Allerdings darf Stecher nicht außer Acht lassen, dass es auch an Kuttin selbst liegen wird, ob er diesen Job überhaupt noch will. Bereits im vergangene­n Jahr soll er ein Vertragsan­gebot über weitere vier Jahre ausgeschla­gen und nur für ein Jahr verlängert haben. Vielleicht hat Kuttin damals schon gespürt, dass nicht alle im ÖSV an einem Strang ziehen. Seinen Adlern wurden in einem feinfühlig­en Sport wie dem Skispringe­n so die Flügel gestutzt. Oder wie es Manuel Fettner, 27. im Gesamtwelt­cup, nach dem Saisonfina­le formuliert­e: „Heuer haben wir scheinbar geschlosse­n in die falsche Richtung Gas gegeben.“

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BILD: SN/GEPA Gezeichnet: Ernst Vettori räumt seinen Platz.
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