Bischöfe waren zögerlich
Katholiken leisten Widerstand – ihre Bischöfe auch?
Im ersten ihrer beiden Beiträge zu „100 Jahre Republik Österreich“vom Samstag, dem 24. 3., zitiert Hedwig Kainberger einen Zeitzeugen, der von einer mutigen Predigt von Erzbischof Waitz am Christkönigssonntag des Jahres 1941 berichtet und der Waitz als den „letzte(n) Große(n)“bezeichnet, „der mit den Nazis ins Gericht gegangen sei“. Und, so der Zeitzeuge, da habe Mut dazugehört.
Gut, dass es diese Predigt gegeben hat. Aber es war derselbe Erzbischof, der etliche Jahre vorher die Theorie vertreten hat, dass überall dort, wo der Jude zur Herrschaft komme, große Probleme für das Christentum auftauchten. Denn den Juden sei das Kreuz ein Ärgernis, sie versuchten überall, das Christentum aus der Öffentlichkeit zu verdrängen, wie der Historiker Stefan Moritz in seiner umfassenden Studie „Grüß Gott und Heil Hitler: Katholische Kirche und Nationalsozialismus in Österreich“anmerkt.
Der Erzbischof steht damit in einer Tradition, wie sie in einem Leitartikel in der (Salzburger) „Katholi- schen Kirchenzeitung“vom 15. Mai 1919 unter dem Titel „Kirche und jüdische Gefahr“zum Ausdruck kommt. Dort heißt es unter anderem: „Um unser armes Volk vor der Versklavung zu retten, müssen wir wieder entschiedene Antisemiten werden.“
In ihrem wohltuend differenzierenden zweiten Beitrag „Die Kirche ist Gegner sowie Systemerhalter“weist Kainberger auf den gemeinsamen Weihnachtshirtenbrief 1933 der österreichischen Bischöfe hin, in dem diese „den nationalsozialistischen Rassenwahn, der zu Rassenhass und zu Völkerkonflikten führt“, entschieden ablehnen.
Diesem gemeinsamen Hirtenbrief ist im Jänner 1933 ein Hirtenbrief des Linzer Bischofs Gföllner vorangegangen, in dem dieser zwar den Rassenstandpunkt der Nationalsozialisten als mit dem Christentum völlig unvereinbar bezeichnete, zugleich aber erklärte, dass es „strenge Gewissenspflicht eines jeden überzeugten Christen (sei), den schändlichen Einfluss des Judentums zu bekämpfen und zu brechen“. Es ist unerheblich, ob der genannte gemeinsame Weihnachtshirtenbrief die Handschrift von Bischof Waitz oder, wie andere meinen, die von Bischof Gföllner trägt.
Viel entscheidender ist, dass die österreichischen Bischöfe der Zwischenkriegszeit in ihrer Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus und dessen radikalem Antisemitismus zögerlich und uneindeutig waren. Die katholische Kirche im Österreich der Zwischenkriegszeit war, wie der verstorbene Historiker Karl Stuhlpfarrer festgestellt hat, „ein bedeutendes Zentrum antisemitischer Sozialisation“.
Noch gravierender aber: Von keinem österreichischen Bischof ist bisher auch nur, sei es hinter den Kulissen oder geschweige gar öffentlich, ein Wort des Protests gegenüber dem Vorgehen der nationalsozialistischen Machthaber gegen die jüdische Bevölkerung bekannt geworden.
Schön wäre es, könnten Zeitzeugen oder andere Quellen davon berichten. Denn zu einem solchen Protest hätte wirklicher Mut gehört. Franz Zlanabitnig 9063 Maria Saal