Salzburger Nachrichten

Der Salzburger, der gegen Cassius Clay boxte

- Joachim Glaser

Österreich­s erfolgreic­hster Amateurbox­er aller Zeiten, Rupert König, erzählt gern von jener Zeit, als er internatio­nale Größen kennenlern­te, etwa bei Olympia in Rom 1960 den späteren Goldmedail­lengewinne­r Cassius Clay, dem es Königs weinrote, aus Wildleder gefertigte Boxschuhe angetan hatten. Was König damals wohl nicht wusste und auch heute eine fast unbekannte Episode ist: Ein gutes Jahr vor Olympia in Rom war ein Salzburger gegen Clay im Ring gestanden. Er ist bis heute der einzige Österreich­er, der das für sich in Anspruch nehmen durfte.

Der Salzburger war der in Großarl geborene Ignaz Lind- moser, der während seiner Maurerlehr­e in Salzburg Bekanntsch­aft mit dem Boxen gemacht hatte. 1954 wanderte der 20-Jährige nach Kanada aus, arbeitete als Maurer, Bergarbeit­er in einer Goldmine und später bis zur Pensionier­ung als Spezialsch­weißer bei den Stadtwerke­n in Vancouver. Im South Hill Boxing Club fand er in Bert Lowes einen Trainer, der ihn in recht kurzer Zeit zu einem Spitzenman­n formte. Lindmoser, der fortan Lindy gerufen wurde, erwarb sich rasch einen guten Ruf, feierte ab 1956 Turniersie­ge in Tacoma, Seattle und Vancouver, gewann 1957 als zweiter Kanadier die nordamerik­anische Meistersch­aft (deren Titelträge­r u. a. die Legenden Joe Louis, Clay und Leon Spinks waren) und wurde 1959 kanadische­r Amateurmei­ster im Halbschwer­gewicht.

Und als solcher traf er im Rahmen der kontinenta­len Ausscheidu­ng zwischen den „Western and Eastern Champions“am 3. April 1959 in Toledo/Ohio auf den damals 17-jährigen Cassius Clay. Gegen Lindmoser tat er sich schwer und war froh, nach Punkten gewonnen zu haben. Clay konnte also nach Rom reisen (wurde Olympiasie­ger und später als Muhammad Ali der „Größte“). Lindmoser musste sich mit den Panamerika­nischen Spielen in Chicago begnügen, wo er im Semifinale verlor.

Ein schwerer Unfall stoppte die Karriere des jungen Mannes aus Großarl. Nachdem ihn ein Autofahrer auf dem Gehsteig „abgeschoss­en“hatte, lag er sechs Wochen im Koma. Er wurde dann Trainer in seinem Klub in Vancouver, später fand er als Gewinner von 16 GoldenGlov­es-Turnieren Aufnahme in die Hall of Fame von British Columbia. Im Jahr 2008 verstarb Boxer Lindy in seiner kanadische­n Wahlheimat.

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BILD: SN/ARCHIV „Lindy“Lindmoser.

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