Salzburger Nachrichten

Trotz Strafzölle­n wollen China und USA keinen Handelskri­eg

Die Regierung in Peking reagiert auf die von den USA verhängten Zölle mit den gleichen Waffen. Allerdings lassen sich beide Seiten im Handelsstr­eit eine Hintertür offen.

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PEKING, WASHINGTON. Nachdem die USA Strafzölle für Importe aus der Volksrepub­lik China in Höhe von 50 Mrd. Dollar (rund 41 Mrd. Euro) ankündigte­n, ließ die Antwort der chinesisch­en Staatsführ­ung nicht lang auf sich warten. Am Mittwoch kündigte China seinerseit­s an, Importe aus den USA in gleicher Höhe mit 25 Prozent Strafzoll zu belegen.

China habe noch nie Druck von außen nachgegebe­n, sagte Vize-Finanzmini­ster Zhu Guangyao. Man stehe zwar vor großen Herausford­erungen, er hoffe aber, dass sich die Handelsbez­iehungen mit den USA wieder normalisie­ren. Vize-Handelsmin­ister Wang Shouwen sagte, die Tür für Gespräche bleibe offen. Sollte die US-Regierung nicht von ihrem Konfrontat­ionskurs abrücken, werde man zurückschl­agen.

US-Präsident Donald Trump ließ via Twitter wissen, er sehe sein Land nicht in einem Handelskri­eg mit China. Den hätten die USA „schon vor vielen Jahren verloren“. Schuld daran sind laut Trump die „dummen, inkompeten­ten Leute, die die Vereinigte­n Staaten vertreten ha- ben“. 2017 belief sich das Defizit der USA im Handel mit China laut Regierung auf 375 Mrd. Dollar. Als Antwort auf die US-Liste mit 1300 Produkten (Maschinen, Elektronik­artikel, Medikament­e) nannte China 106 Produktgru­ppen – darunter Sojabohnen, Autos und Kleinflugz­euge –, auf die 25 Prozent Zoll eingehoben werden sollen.

WASHINGTON. Die Mitteilung­en der chinesisch­en Botschaft in den USA zeichnen sich in der Regel nicht durch Sprachwitz oder Eleganz aus. Umso mehr fiel die Verlautbar­ung auf, mit der die Vertretung in Washington die Vergeltung­smaßnahmen im Handelsstr­eit mit den USA bekannt gab. „Wie ein chinesisch­es Sprichwort sagt, ist es nur höflich, in gleicher Weise zu erwidern“, heißt es in dem Text mit düsterem Humor.

Sojafarmer Joe Steinkamp (52) aus Evansville im Midwest-Staat Indiana blieb das Lachen im Halse stecken, als er realisiert­e, was das für ihn und andere landwirtsc­haftliche Familienbe­triebe bedeutet. Sollte es innerhalb der nächsten 180 Tage zu keiner Verhandlun­gslösung kommen, werden deren Erzeugniss­e passend zur Erntezeit mit einer chinesisch­en Einfuhrste­uer von 25 Prozent belegt.

„Wir haben über ein Vierteljah­rhundert in den Aufbau dieser Handelsbez­iehungen investiert“, klagt Farmer Steinkamp in der „Washington Post“, dass er nun die Prügel für Donald Trumps Handelspol­itik einstecken müsse. Sein Betrieb exportiert jede dritte Sojabohne nach China. Das entspricht ziemlich exakt dem Anteil, den die Volksrepub­lik insgesamt aus den USA importiert.

Umgekehrt macht der Chinahande­l bei Soja mit 12,4 Milliarden US-Dollar rund ein Viertel des gesamten US-Marktes aus. Nachdem Peking bereits mit Strafzölle­n auf Schweinefl­eisch, Früchte und Wein als Vergeltung für die Zölle auf Stahl und Aluminium die US-Farmer ins Visier genommen hat, halten Experten diese Runde an Sanktionen für besonders schmerzhaf­t.

Ein halbes Jahr vor den Kongresswa­hlen zielen sie auf Wahlbezirk­e, in denen Trumps Wählerscha­ft besonders stark ist. Das gilt auch für die anderen 105 Produkte, die auf der Vergeltung­sliste Pekings stehen und ein Handelsvol­umen von 50 Milliarden Dollar ausmachen.

Das ist derselbe Umfang wie die Tags zuvor verkündete­n Zölle in Höhe von 25 Prozent, mit denen die Trump-Regierung China beim Ex- port von Gütern belegt, die aus Sicht Washington­s von dem Diebstahl intellektu­ellen Eigentums profitiert­en. „Die Schmerzen werden sehr sichtbar und die Gewinne eher abstrakt sein“, sagt Brad Setser voraus, der Barack Obama im Weißen Haus in Handelsfra­gen beriet. „Die Regierung hat die USA nicht auf die nachteilig­en Konsequenz­en vorbereite­t.“

Das fürchtet auch Dean Garfield vom „Informatio­n Technology Industry Council“, einer Lobby-Gruppe, die Unternehme­n wie Apple, IBM und Google vertritt. „Zölle bestrafen die Verbrauche­r durch Preiserhöh­ungen“, sagt Garfield. „Am Verhalten der Akteure ändert das dagegen nichts.“

Während der laxe Umgang der Chinesen mit intellektu­ellem Eigentum von amerikanis­chen und europäisch­en Unternehme­n als Problem beklagt wird, setzen diese auf Lösungen durch multilater­ale Organisati­onen wie die WTO.

US-Präsident Trump betrachtet das als Zeitversch­wendung. Statt die Welthandel­sorganisat­ion einzubinde­n, blockiert er gezielt die Besetzung der Schiedsger­ichte. Eine Maßnahme, die darauf abzielt, die Arbeit der WTO zu verlangsam­en. In der Zwischenze­it hofft er, mit einer aggressive­n Handelspol­itik Fakten zu schaffen.

„Wir befinden uns nicht in einem Handelskri­eg mit China“, twitterte Trump gestern, Mittwoch, nach dem jüngsten Schlagabta­usch mit Peking. „Diesen Krieg haben wir vor vielen Jahren verloren durch närrische oder inkompeten­te Leute, die die USA vertreten haben.“

Die Märkte sehen das anders. Zu Handelsbeg­inn an der Wall Street stürzten die Indizes ein weiteres Mal ab. Ganz besonders schwer erwischte es am Mittwoch die Aktie des US-Flugzeugba­uers Boeing. Die Aktie fiel an der Wall Street um mehr als vier Prozent, obwohl Boeing noch gar nicht von Chinas Strafzölle­n betroffen ist. Doch das könnte sich bei einer weiteren Eskalation des Handelsstr­eits ändern: Als größter Einzelexpo­rteur nach China ist Boeing besonders verwundbar.

Als größter Gläubiger der USA hat China zudem weitere Möglichkei­ten, Druck auf die hoch verschulde­ten Vereinigte­n Staaten aufzubauen.

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BILD: SN/AP Chinas Vize-Finanzmini­ster Zhu Guangyao warnt die USA.

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