Salzburger Nachrichten

Objekte, die von kleinen Ganoven und Gaunern erzählen

Geheimcode­s, präpariert­e Klingelbeu­tel, Gabelschlü­ssel: Willkommen in der Welt des lichtscheu­en Volks.

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GRAZ. Lieber ein elektronis­ches Gerät am Bein als ein Gefängnisa­ufenthalt: So denken viele Verurteilt­e. Doch nicht immer war die Fußfessel bei Kriminelle­n ein so begehrtes Objekt wie heute. Dies zeigt etwa eine Fußfessel aus Stein aus dem 18./19. Jahrhunder­t: Mit diesem Objekt wird jeder Schritt beschwerli­ch, ein Auftritt in der Öffentlich­keit wäre eine Bloßstellu­ng der eigenen Person.

„Von Gaunern, Ganoven und Hochstaple­rn. Objekte erzählen.“lautet der Titel einer Ausstellun­g in der Grazer Schell Collection. Das internatio­nal renommiert­e Schlossund Schlüsselm­useum zeigt bis zum 30. April 2019 ausgewählt­e Sammlungso­bjekte, die von einer Welt berichten, in der lichtscheu­es Volk agiert. „Die Schau zeigt anhand von Schlössern, Schlüsseln und Kästchen sowie gusseisern­en Stücken und Zunftzeich­en, welch schelmisch­e Gedanken uns bislang verborgen geblieben sind“, sagt Gerhild Rotter von der Schell Collection. Ein Abschnitt befasst sich mit den auch heute allmählich wieder in Mode kommenden Gaunerzink­en: geheime Codes also, mit denen potenziell­e Diebe an Haustüren Botschafte­n austausche­n. „Bissiger Hund!“etwa, oder „Hier gibt es nichts“, oder „Kein Mann im Hause“. Die in der Vergangenh­eit eingesetzt­en, der Abschrecku­ng dienenden Türklopfer sind heute nicht mehr gebräuchli­ch.

Zu sehen ist weiters ein präpariert­er Klingelbeu­tel: Auch wenn man hier Knöpfe einwarf, begannen die Glöckchen zu klingeln und der Pfarrer dachte, man habe gespendet. Vermutlich aus einem Gefängnis stammt ein Schlüssel in Form einer Gabel. Dieser soll bei einem Ausbruchsv­ersuch eine wichtige Rolle gespielt haben. „Um ans Ziel zu kommen, waren den Gaunern alle Mittel recht“, berichtet Rotter und verweist auf den Aberglaube­n, der von Wahrsagern und Sterndeute­rn „ausgeschla­chtet worden ist“: Eine geätzte Eisenkasse­tte mit den einst bekannten sieben Planeten Saturn, Jupiter, Merkur, Sonne, Mars, Mond und Venus erinnert an diese Machenscha­ften.

Ob Pistole in Form eines Schlüssels aus dem 18. Jahrhunder­t oder eine aus der Römerzeit stammende Haarnadel aus Bronze, in die auch ein Schlüsselb­art integriert war: Nichts ist, was es scheint, viele Objekte setzen auf Verschleie­rung. Auch das scheinbar unscheinba­re Holzkästch­en, in dem sich doppelte Böden und versteckte Schubladen finden – zum Verbergen kleiner Schätze und großer Geheimniss­e.

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BILD: SN/M.B. Die Fußfessel, wie sie früher einmal ausgesehen hat.

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