„Der Facebook-Datenskandal ist eine echte Unerträglichkeit“
Der Datenskandal um Facebook zieht weite Kreise: Nun steht fest, dass 33.568 Österreicher betroffen sein könnten – obwohl nur 13 jene App verwendet hatten, die Daten ausspähte.
WIEN. Welche Rolle spielen die Daten von Facebook-Nutzern für politische Kampagnen – und können sie vielleicht sogar Wahlen mitentscheiden? Diese Fragen stellen sich vor allem, seit der Datenskandal bei Facebook öffentlich wurde. Donnerstagvormittag stand fest, dass persönliche Daten von bis zu 33.568 Österreichern missbräuchlich abgerufen worden sein könnten.
Doch worum geht es beim größten Datenskandal in der Geschichte? Entwickler der quizartigen Umfrage-App „thisisyourdigitallife“hatten Nutzer-Informationen unrechtmäßig an die Firma Cambridge Analytica mit Sitz in Großbritannien weitergegeben. Diese unterstützt immer wieder politische Kampagnen wie etwa den Wahlkampf von Donald Trump. Facebook musste eingestehen, dass die Daten von bis zu 87 Millionen Anwendern ausgespäht wurden. Diese hohe Anzahl entstand, weil Daten aus der Facebook-Freundesliste – sowohl direkte Freunde als auch die „Freunde von Freunden“, also deren Netzwerk, abgegriffen wurden. So ist es zu erklären, dass knapp 33.600 Österreicher vom Datenskandal betroffen sind – obwohl nur 13 Personen die Umfrage-App installiert hatten. In Deutschland dürften rund 310.000 Nutzer betroffen sein; lediglich 65 Personen hatten besagte Facebook-App. Die weitaus meisten Opfer stammen aus den USA.
„Ich finde, dieser Datenskandal ist eine echte Unerträglichkeit“, sagt die ranghöchste Datenschutzbeauftragte der EU, Andrea Jelinek, im SN-Gespräch zu den am Donnerstag bekannt gewordenen Zahlen. Zwar sei noch nicht bekannt, welche Daten ausgespäht worden seien, rechtskonform sei es nicht zugegangen. Die Wienerin berichtet, dass britische Kollegen den Skandal bereits untersuchten. „Meldungen von betroffenen Österreichern sind bei unserer Datenschutzbehörde noch nicht eingegangen.“Sie sagt, dass FacebookGründer und Vorstandschef Mark Zuckerberg angekündigt habe, alle Betroffenen zu informieren. Um zu vermeiden, dass Daten in falsche Hände gelangen, appelliert Jelinek an die Eigenverantwortung der Bürger. Sie hätten in der Hand, welche Informationen sie wo preisgäben.
„Politisch ist der Skandal noch nicht einzuordnen, weil das Thema gerade erst hochkocht“, betont der Salzburger Politikwissenschafter Armin Mühlböck. Sein früherer Student Karim Patrick Bannour leitet die Social-MediaAgentur „viermalvier“in Salzburg. Warum eine Firma aus England Daten aus Österreich sammelt, erklärt er so: „Im Internet gibt es keine nationalen Grenzen. Ob die Daten aus unserem Land interessant sind für dieses Unternehmen, ist fraglich. Derzeit steht bei uns nämlich keine bundesweite Wahl an.“Dennoch wüsste Cambridge Analytica nun viel – zumindest über einen Teil der Österreicher.
Dass Nutzerdaten ausgespäht werden, ist für Bannour in der Netzwelt üblich: „Hacker sind schon oft an Daten gekommen und werden es auch wieder. Facebook muss aus seinen Fehlern lernen und Sicherheitslücken schließen.“
Mit den ersten Schritten von Facebook zur Schadensbehebung war Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) unzufrieden: „Die Reaktionen sind nicht ausreichend und zeigen, dass die Verantwortlichen im Konzern die Dimension des Datenschutzes nicht einordnen können.“Die EU-Kommission hat Gespräche mit Facebook angekündigt.