Salzburger Nachrichten

Bei Wohnbaukre­diten sind die Banken zu lax

Die Finanzmark­taufsicht rückt gegen jene Banken aus, die bei der Vergabe von Wohnbaukre­diten zu lockere Kriterien anwenden.

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WIEN. Die Niedrigzin­sen verleiden Bankkunden zwar das Sparen, aber sie animieren auch viele, einen Kredit aufzunehme­n. Genau das war eine der Intentione­n der Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k. Österreich­s Banken helfen der ohnehin starken Nachfrage noch kräftig nach, vor allem bei Wohnbaukre­diten (stiegen 2017 um 4,5 Prozent), an die Kunden jetzt leichter und zu besseren Konditione­n kommen.

Aus Sicht der Finanzmark­taufsicht (FMA) übertreibe­n es die Banken in Österreich mittlerwei­le mit der Großzügigk­eit bei den Ausleihung­en. Die Aufseher orten eine zu laxe Handhabung der Vergabekri­terien, „diese Entwicklun­g erfüllt uns mit gewisser Sorge“, sagte FMA-Vorstand Helmut Ettl Mittwochab­end vor Journalist­en. Konkret macht dem FMA-Vorstand Kopfzerbre­chen, dass der Eigenmitte­lanteil der Kreditnehm­er sinkt, die Laufzeiten auf bis zu 40 Jahre ausgedehnt werden und Kredite mit einer Rückzahlun­gsdauer bis zum 80. Lebensjahr vergeben werden. Dazu kämen kritische Anreize wie bis zu fünf tilgungsfr­eie Jahre und sehr kurze Fixzinspha­sen am Beginn der Laufzeit. Auch beim verfügbare­n Einkommen würden die Spielräume stärker ausgereizt, sagt Ettl.

Diesen Trend beobachten er und sein Vorstandsk­ollege Klaus Kumpfmülle­r bereits die vergangene­n 24 Monate, nun wolle man organisier­t eingreifen. Im „kritischen Dialog“mit den einzelnen Instituten werde die laxe Vergabepra­xis daraufhin abgeklopft, ob die Bank gerüstet sei, falls Kreditnehm­er in Probleme geraten. Man wolle jedenfalls verhindern, dass es in dem derzeit aggressive­n Wettbewerb um Kunden zur gängigen Praxis wird, beispielsw­eise oft weniger als 20 Prozent Eigenmitte­l vom Kreditnehm­er zu verlangen. Auch in der Gewährung von Krediten mit so langen Laufzeiten und dem Hinausschi­eben der Rückzahlun­g bis zum 80. Lebensjahr schlummere ein Risiko, weil im Alter das Einkommen tendenziel­l absinke. Bis vor ein, zwei Jahren ist es laut Ettl üblich gewesen, dass Kun- den mit dem Pensionsan­tritt die letzten Raten mit der Abfertigun­g zurückgeza­hlt haben. Längere Laufzeiten würden von den Banken offenbar eingesetzt, um den Kredit „vergebbar“zu machen, wenn sich eine kürzere Laufzeit mit dem verfügbare­n Einkommen nicht ausgehe, sagte Kumpfmülle­r. Damit tue man den Kunden aber nichts Gutes, denn es sinke zwar die monatliche Belastung, dafür steige aber die Rückzahlun­gssumme kräftig an. Bei einem Euro-Hypothekar­kredit über 200.000 Euro zu 2 Prozent Zinsen lasse sich die monatliche Rate von 1012 (20 Jahre Laufzeit) auf 606 Euro reduzieren (40 Jahre), der Kreditnehm­er müsse aber statt 242.824 Euro 290.713 Euro zurückzahl­en.

Sollten die betroffene­n Banken – Namen wurden nicht genannt – ihr Verhalten nicht ändern, könnte die Aufsicht in Einzelfäll­en mit Strafaufsc­hlägen beim Eigenkapit­al reagieren. Kumpfmülle­r erwartet aber, „dass das nicht nötig sein wird“.

Ein Systemrisi­ko wie seinerzeit die Fremdwähru­ngskredite (2008 empfahl die FMA den Vergabesto­pp an Private) stellten die Wohnbaukre­dite nicht dar. In diesem Fall könnte die Aufsicht Vorgaben bei der Beleihungs­quote (nötige Eigenmitte­l) oder der Schulden- bzw. Schuldendi­enstquote (bezogen auf das Einkommen des Kreditnehm­ers) machen. Die würden dann für alle Banken gelten. Man wolle aber verhindern, dass es so weit kommt.

„In der Regel sind die Banken einsichtig.“Klaus Kumpfmülle­r, FMA-Vorstand „Kunde muss sich den Kredit leisten können.“Helmut Ettl, FMA-Vorstand

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