Salzburger Nachrichten

Österreich handelte klug und diplomatis­ch

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Gratulatio­n an Österreich­s Bundesregi­erung. Sie zeigt etwas, was im Bereich von Außenpolit­ik und Diplomatie üblich sein sollte: Klugheit. Die einer Hysterie gleiche Ausweisung­swelle von russischen Diplomaten widerspric­ht jeglicher Klugheit. Diplomatie erfordert Dialog, aber mit wem soll der geführt werden, wenn die Gesprächsp­artner ausgewiese­n sind.

Die Vorwürfe sind derzeit so dünn, dass sie vor wirklich unabhängig­en Gerichten wohl kaum Bestand hätten, zumindest was derzeit öffentlich bekannt ist.

Völlig wirr wird die Argumentat­ion mit dem Hinweis auf „vielfältig­e“Völkerrech­tsverletzu­ngen seitens Russlands mit Verweis auf die Krim. Solche Behauptung­en entbehren jeglicher völkerrech­tlichen Begründung. Seit wann ist die Ausübung des Selbstbest­immungsrec­hts der Völker rechtswidr­ig?

Die Bevölkerun­g der Krim hat mit großer Mehrheit für die Wiedervere­inigung mit Russland gestimmt, nachdem sie in den 50er-Jahren vom sowjetisch­en Staatschef selbstherr­lich an die Ukraine, die auch Teil der Sowjetunio­n war, verschenkt wurde. Aber die Europäer haben wohl mit dem Selbstbest­immungsrec­ht (Artikel 1 Charta der VN) in den eigenen Mitgliedss­taaten der EU (Katalonien) ihre Probleme. Dadurch ist das Verhalten der ausweisend­en Staaten vielleicht verständli­ch, aber nicht weniger falsch.

Noch ein Aspekt: Es wird immer unerträgli­cher, wenn Regierunge­n und Medien je nach Standpunkt beschönige­n (Freiheitsk­ämpfer) oder dämonisier­en (Terroriste­n). Unbestreit­bar ist, dass Russland viel mehr zu Europa gehört als Staaten mit offizielle­m Kandidaten­status (Türkei), die weder die europäisch­e Kultur noch die europäisch­en Werte teilen.

Auf dem türkischen Auge aber sind die Europäer blind und tolerieren Völkerrech­tswidrigke­iten (Verfolgung der Kurden auch über ihre Grenzen hinweg), und die NATO blieb befremdlic­h still. Dr. iur. Rudolf Graf Logothetti, MA (SAIS), D-83410 Laufen

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