Gerät Orbáns Mehrheit ins Wanken?
Ungarns rechtspopulistischer Regierungschef Viktor Orbán hat alles getan, um sich seine Macht zu sichern. Trotzdem birgt eine Wahl immer auch Ungewissheit.
Ein Viktor Orbán, sollte man meinen, hat keine Wahlkampf-Nachhilfe nötig. Der ungarische Ministerpräsident regiert in Budapest seit acht Jahren mit einer Zweidrittelmehrheit seiner rechtskonservativen Fidesz-Partei. Und doch setzt der 54-Jährige vor der Parlamentswahl am Sonntag auf populistische Erfolgsslogans von US-Präsident Donald Trump – wenn auch leicht abgewandelt. „Die Heimat zuerst“, lässt Orbán plakatieren. Wenn er ans Mikrofon tritt, warnt er: „Man will uns unser Land stehlen.“
Wer die Heimatdiebe sein könnten, lässt Orbán gern im Ungefähren, mit einer Ausnahme: George Soros (87). Der in Budapest geborene amerikanische Investor mit jüdischen Wurzeln ist seit Langem Orbáns Lieblingsfeind. Am Nationalfeiertag Mitte März sagte der Premier: „Wir Ungarn kämpfen gegen ein internationales Netzwerk, das von einem Imperium ausländischer Konzerne organisiert wird. Dahinter stehen heimische Oligarchen, die Verbindungen zu internationalen Spekulanten haben und alle zu George Soros gehören.“
In Sätzen wie diesen konzentriert sich die politische Konfliktlage in Ungarn wie in einem Brennglas. Soros war es, der seit dem Ende des Kalten Kriegs mehr als zehn Milliarden Euro im Osten Europas investierte, um die Entwicklung offener Gesellschaften zu fördern. Orbán dagegen wurde 2010 mit einem Projekt an die Macht gewählt, das er „nationale Revolution“nannte. Er stellte die staatlichen Medien unter Regierungskontrolle, schränkte die Unabhängigkeit der Justiz ein und kappte sogar die Finanzhoheit des Parlaments, der Herzkammer jeder Demokratie.