Lehren aus einem Staatsbesuch im Reich der Mitte
Eine riesige Delegation sucht gerade in China nach Geld und Geschäften. Sie kann auch manche Mysterien Asiens erkunden.
Rund 250 Damen und Herren aus dem kleinen Österreich halten sich gerade im großen China auf. Der Staatsbesuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in jenem Reich, das sich zusehends für den Mittelpunkt der Welt hält, wird sicher so manche wirtschaftliche Kooperation bringen und so manchen Geschäftsabschluss.
Österreichische Firmen werden davon profitieren, Diplomaten werden dafür Sorge tragen, dass niemand den Herrschern in Peking auf die Zehen tritt, Menschenrechte werden kaum Erwähnung finden und das von Peking geknechtete Tibet interessiert ja in der Welt der Realpolitik eh schon keinen mehr.
Dieser ferne, unergründliche Teil Asiens hat aber den Entsandten aus dem Herzen Europas noch viel mehr zu bieten als höfliche Diplomatie und schnödes Business. Denn China ist ja von alters her Quelle mysteriöser Erkenntnisse und Praktiken, die im technikversessenen Westen abschätzig als „esoterisch“gelten.
Nun, auch für diesen Teil der Visite ist die österreichische Delegation hervorragend aufgestellt. Denn einige Teilnehmer an dem Staatsbesuch sind durchaus geneigt, sich mit Dingen zu beschäftigen, die – sagen wir einmal – wissenschaftlichen Kriterien nicht nahestehen. So hatte die Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck bis vor Kurzem einen Gewerbeschein als Energetikerin. Grob gesagt ist das eine Lizenz dafür, Leuten für Nichtbehandlung Geld abzuknöpfen. Selbst Energetiker sagen ja, dass sie nicht behandeln, sondern lediglich Menschen beim Wohlfühlen unterstützen.
Nach China gereist ist auch Handelskammerpräsident Christoph Leitl. Seine Kammer verteilt fröhlich Gewerbescheine an Energetiker, Astrologen, Numerologen und andere Esoteriker, deren Wirken sich rundum weder beweisen noch widerlegen lässt, weil man nicht beweisen oder widerlegen kann, was nicht existiert.
Da passt auch unser Infrastrukturminister gut dazu, der sich noch immer nicht von seinen parlamentarischen Anfragen zu den „Chemtrails“distanziert hat. Mittlerweile wäre ja rundum bekannt, dass die einzige Gefahr an diesen Kondensstreifen am Himmel von jenen Verschwörungstheoretikern ausgeht, die da eine Verschwörung sehen. Vermutlich begleiten Norbert Hofer die besten von einer Numerologin abgesicherten Wünsche seines Parteifreundes Heinz-Christian Strache.
Da ließe sich wohl so manches lernen an fernöstlicher Geheimwissenschaft. Aber auch handfeste politische Lehren könnten die Regierungsmitglieder aus dem China-Besuch ziehen. So ist es dem starken Mann Chinas, Xi Jinping, gelungen, jene Bestimmungen zu ändern, die seine Amtszeit begrenzt hätten. Es wäre erstaunlich, wenn nicht auch österreichische Politiker von solch machtpolitischer Nachhaltigkeit träumten.