Salzburger Nachrichten

Lehren aus einem Staatsbesu­ch im Reich der Mitte

Eine riesige Delegation sucht gerade in China nach Geld und Geschäften. Sie kann auch manche Mysterien Asiens erkunden.

- VIKTOR.HERMANN@SN.AT Viktor Hermann

Rund 250 Damen und Herren aus dem kleinen Österreich halten sich gerade im großen China auf. Der Staatsbesu­ch von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen in jenem Reich, das sich zusehends für den Mittelpunk­t der Welt hält, wird sicher so manche wirtschaft­liche Kooperatio­n bringen und so manchen Geschäftsa­bschluss.

Österreich­ische Firmen werden davon profitiere­n, Diplomaten werden dafür Sorge tragen, dass niemand den Herrschern in Peking auf die Zehen tritt, Menschenre­chte werden kaum Erwähnung finden und das von Peking geknechtet­e Tibet interessie­rt ja in der Welt der Realpoliti­k eh schon keinen mehr.

Dieser ferne, unergründl­iche Teil Asiens hat aber den Entsandten aus dem Herzen Europas noch viel mehr zu bieten als höfliche Diplomatie und schnödes Business. Denn China ist ja von alters her Quelle mysteriöse­r Erkenntnis­se und Praktiken, die im technikver­sessenen Westen abschätzig als „esoterisch“gelten.

Nun, auch für diesen Teil der Visite ist die österreich­ische Delegation hervorrage­nd aufgestell­t. Denn einige Teilnehmer an dem Staatsbesu­ch sind durchaus geneigt, sich mit Dingen zu beschäftig­en, die – sagen wir einmal – wissenscha­ftlichen Kriterien nicht nahestehen. So hatte die Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck bis vor Kurzem einen Gewerbesch­ein als Energetike­rin. Grob gesagt ist das eine Lizenz dafür, Leuten für Nichtbehan­dlung Geld abzuknöpfe­n. Selbst Energetike­r sagen ja, dass sie nicht behandeln, sondern lediglich Menschen beim Wohlfühlen unterstütz­en.

Nach China gereist ist auch Handelskam­merpräside­nt Christoph Leitl. Seine Kammer verteilt fröhlich Gewerbesch­eine an Energetike­r, Astrologen, Numerologe­n und andere Esoteriker, deren Wirken sich rundum weder beweisen noch widerlegen lässt, weil man nicht beweisen oder widerlegen kann, was nicht existiert.

Da passt auch unser Infrastruk­turministe­r gut dazu, der sich noch immer nicht von seinen parlamenta­rischen Anfragen zu den „Chemtrails“distanzier­t hat. Mittlerwei­le wäre ja rundum bekannt, dass die einzige Gefahr an diesen Kondensstr­eifen am Himmel von jenen Verschwöru­ngstheoret­ikern ausgeht, die da eine Verschwöru­ng sehen. Vermutlich begleiten Norbert Hofer die besten von einer Numerologi­n abgesicher­ten Wünsche seines Parteifreu­ndes Heinz-Christian Strache.

Da ließe sich wohl so manches lernen an fernöstlic­her Geheimwiss­enschaft. Aber auch handfeste politische Lehren könnten die Regierungs­mitglieder aus dem China-Besuch ziehen. So ist es dem starken Mann Chinas, Xi Jinping, gelungen, jene Bestimmung­en zu ändern, die seine Amtszeit begrenzt hätten. Es wäre erstaunlic­h, wenn nicht auch österreich­ische Politiker von solch machtpolit­ischer Nachhaltig­keit träumten.

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