„Wilde“Gärtner braucht das Land
Nicht jeder Quadratmeter Rasen muss perfekt geschnitten sein.
BARBARA HAIMERL
Die „Rote Liste“bedrohter Arten wird auch in Salzburg immer länger: 80 Prozent der Grasfrösche sind bereits verschwunden. Dramatisch sei auch der Rückgang bei Insekten und Vögeln, sagt Claudia Wolkerstorfer vom Netzwerk Natur Salzburg, das sich für den Erhalt der Artenvielfalt und den Schutz der Lebensräume einsetzt. „Der Frühling ist da, aber das Zwitschern der Vögel wird von Jahr zu Jahr weniger.“Auch die Hälfte der Falterarten in Österreich sei stark gefährdet.
Das Artensterben sei voll im Gange, falle den meisten Menschen jedoch nicht auf. „Wir möchten ins Bewusstsein rufen, wie schleichend und im Verborgenen dieser Prozess vonstatten geht“, sagt die Biologin und verweist auf eine besorgniserregende Entwicklung: Nicht nur seltene Arten mit speziellen Ansprüchen seien bedroht. „In Gefahr sind auch verbreitete Arten. Die Population schwinde zum Beispiel auch bei Spatzen, Rotkehlchen und Zitronenfaltern.
Mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit will das Netzwerk Natur auf diese Prozesse aufmerksam machen und die Salzburger wachrütteln. „Wir möchten Bewusstsein für Naturschutz schaffen und zugleich Lösungen aufzeigen“, betont Wolkerstorfer. Aktuell erarbeite das Netzwerk Vorschläge für zukünftige landwirtschaftliche Förderprogramme, die für Mensch und Natur Verbesserungen bringen sollen.
Bereits 2006 haben sich Salzburger Naturschutzinitiativen Was kann schon ein einzelner Mensch gegen das massenhafte Artensterben ausrichten? Sehr viel. Naturschutz fängt vor der Haustür an. Gartenbesitzer könnten versuchen, eine gewisse Liebe für Unkraut zu entwickeln, und sich von der Vorstellung lösen, dass ihr heiliges Grün nur dann schön ausschaut, wenn der Rasen lose zum Netzwerk Natur zusammengeschlossen. Dazu zählen mehrere Arbeitsgemeinschaften am Haus der Natur, der Naturschutzbund, Birdlife, Forschungseinrichtungen wie die Universität sowie Vereine, die Lebensräume wie Moore und Magerwiesen pflegen. Die Mitglieder arbeiten ehrenamtlich und veröffentlichen auch Studien, um auf Probleme im Naturschutz aufmerksam zu machen. perfekt geschnitten ist. Und wenn ihnen das nicht gelingen will, könnten sie zumindest ein Fleckerl opfern, auf dem heimische Blumen unbehelligt wachsen dürfen. Als Futter für Bienen und Schmetterlinge. Artenvielfalt lässt sich auch mit Nistkästen und Blumenkisterln am Balkon fördern. Der Kauf von Bioprodukten hilft, weil die Bauern den natürlichen Lebensraum vieler Arten schützen.
Seit den 1950er-Jahren habe sich die Landschaft massiv verändert, erklärt Wolkerstorfer und nennt als Hauptursachen für das Artensterben die Intensivierung der Landwirtschaft, die Überdüngung, den Einsatz von Insektiziden und den Verlust naturnaher Lebensräume durch die Bodenversiegelung. „Die Einkaufsmärkte verbrauchen enorm viel Fläche.“In den Gemeinden Koppl und Eugendorf seien im Zeitraum von 1953 bis in die Neunzigerjahre 70 bis 80 Prozent der Feuchtlebensräume verschwunden. „Sie wurden entwässert und intensiviert, gedüngt und oft gemäht, aufgeforstet und mit Gewerbe und Siedlungen bebaut.“
In Gunsering, einem Ortsteil der Flachgauer Gemeinde Göming, erläutert Wolkerstorfer exemplarisch die Veränderungen. Ein einziger Apfelbaum steht auf dem Acker am Fraunbach. „Der Bach wurde begradigt, Obstwiesen wie sie früher bei den Selbstversorgern gang und gäbe waren sind verschwunden.“Früher sei so gut wie jede Wiese eine üppige Blumenwiese gewesen, die erst im Herbst gemäht worden sei.