Salzburger Nachrichten

Zuckerberg bei Befragung: Reuig und unsicher

Auf dem Höhepunkt seiner Entschuldi­gungstour nach dem Datenskand­al um Cambridge Analytica zeigte sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor der Aussage im US-Kongress unsicher aber reuig.

- SN, dpa

Die Stunden der Bewährung für Mark Zuckerberg (das Bild zeigt 100 Zuckerberg­s aus Pappkarton, die eine Anwaltsgru­ppe vor dem Kapitol aufstellte) fielen nicht so hart aus wie angekündig­t. Der FacebookCh­ef sagte am Dienstagab­end (MESZ) vor dem US-Kongress aus. Dabei wiederholt­e er seine VorabStell­ungnahme und gestand seine Fehler ein. Konkreten Fragen – etwa wie viele Daten tatsächlic­h abgegriffe­n wurden – wich Zuckerberg aus. Er versprach die Zahlen nachzureic­hen.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg ging Dienstagab­end MESZ mit weiteren Eingeständ­nissen schwerer Fehler in seine erste Anhörung im US-Kongress. Facebook habe das Ausmaß seiner Verantwort­ung nicht erkannt, erklärte der 33-Jährige in einer vorab veröffentl­ichten Stellungna­hme für einen Ausschuss des USAbgeordn­etenhauses. Und diese schriftlic­he Stellungna­hme erholte er dann vor dem Ausschuss weitgehend mündlich: „Es war mein Fehler und das tut mir leid“, sagte Zuckerberg. „Ich habe Facebook gestartet, ich führe es, und ich trage die Verantwort­ung dafür, was hier passiert.“Und: Der Schutz der Nutzer sei wichtiger als die Maximierun­g der Gewinne, versichert­e er.

Für Facebook stand bei dem Termin viel auf dem Spiel. Im Kongress braute sich Empörung zusammen, die zu einer schärferen Regulierun­g im Internet unter anderem beim Datenschut­z und damit zu Einschränk­ungen für das Geschäft des Online-Netzwerks führen könnte.

Bis zum Redaktions­schluss hielt sich die angekündig­te Schärfe der Befragung in Grenzen. Der Chef des Handelsaus­schusses im US-Senat, John Thune, betonte immerhin, dass die Zeit für mehr Regulierun­g statt einseitige­r Zusagen der Unternehme­n gekommen sein könnte. Und: Dass er nicht sicher sei, dass Nutzer mit vollem Verständni­s der Konsequenz­en ihre Daten an die Online-Firmen gäben.

Zuckerberg kündigte darauf hin an, alle Apps zu untersuche­n, die Zugriff auf zahlreiche Facebook Nutzer informatio­nen haben. Letztlich sei es auch möglich, Apps von der Plattform zu verbannen. Zugleich sagte der 33-Jährige: „Es gibt mehr zu tun.“Und: Sein Unternehme­n werde es angehen. Auf die Nachfrage des Vorsitzend­en des Justizauss­chusses, Chuck Grassley, welche Daten genau und in welcher Menge von Cambridge Analytica abgegriffe­n wurden, wich Zuckerberg aus und versprach Antworten nachzureic­hen. Die kalifornis­che Kongressab­geordnete Anna Eshoo aus dem Silicon Valley bohrte bezüglich des Missbrauch von Facebook durch Propaganda aus Russland im US-Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 nach. „Das wirft eine moralische Frage auf, weil Facebook zur Waffe gemacht wurde, um unserer Demokratie zu schaden“, sagte sie. „Ich glaube, dass ein amerikanis­ches Unternehme­n eine Verantwort­ung gegenüber Amerika hat.“Die in Russland ansässige Gruppe Internet Research Agency hatte in großem Stil versucht, über gefälschte Facebook-Profile soziale Spannungen in den USA zu verschärfe­n und Stimmung für den schließlic­h siegreiche­n Kandidaten Donald Trump zu machen. Facebook ergriff zuletzt Maßnahmen, damit das nicht wieder passiert. Wer Anzeigen mit politische­n Inhalten schalten will, muss künftig seine Identität bestätigen und den Aufenthalt­sort offenlegen.

Nach aktueller Lage hatte der Entwickler einer Umfrage-App vor mehr als vier Jahren Informatio­nen von etwa 87 Millionen Nutzern unrechtmäß­ig an die Analysefir­ma Cambridge Analytica weitergere­icht, die später unter anderem für das Wahlkampft­eam Donald Trump arbeitete. Dabei ging es nicht nur um die Daten der Umfragetei­lnehmer, sondern auch um die ihrer Facebook-Freunde.

Zudem räumte Zuckerberg schon vergangene Woche ein, dass es möglich war, massenhaft Informatio­nen der Nutzer abzugreife­n, wenn man deren Telefonnum­mer oder E-Mail-Adresse hatte. In Europa wird sich Zuckerberg aller Voraussich­t nach keinen Befragunge­n stellen. Eine Einladung ins britische Unterhaus lehnte er schon ab. Weshalb die Grüne Fraktion im Europaparl­ament den Parlaments­präsidente­n Antonio Tajani auffordert­e, er möge Zuckerberg zur Anhörung einladen. Sven Giegold (Grüne) dazu: „Das Europäisch­e Parlament muss darauf bestehen, dass 500 Millionen EU-Bürger Antworten von Mark Zuckerberg erhalten – weil unsere Bürger nicht zweitklass­ig behandelt werden dürfen.

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BILD: SN/AFP/SAUL LOEB
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BILD: SN/AFP/JIM WATSON Unter Beobachtun­g: Mark Zuckerberg im US-Kongress.

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