Ist Kaffee wirklich krebserregend?
Ein kalifornischer Richter urteilte, dass Kaffeeproduzenten und -verkäufer vor der potenziellen Krebsgefahr von Kaffee warnen müssen. Wie gefährlich ist Acrylamid – und vor allem, wo kommt es am häufigsten vor?
Ein kalifornischer Richter urteilte, dass Kaffeeproduzenten vor der potenziellen Krebsgefahr von Kaffee warnen müssen. Wie gefährlich ist Acrylamid?
Acrylamid entsteht durch eine Reaktion von Zucker mit Eiweißbausteinen beim Braten, Backen und Rösten bei Temperaturen ab 120 °C. Beim Erhitzen und Bräunen werden demnach nicht nur erwünschte Aroma- und Geschmacksstoffe gebildet, sondern auch Acrylamid. Im Juni 2015 veröffentlichte die EFSA (European Food Safety Authority) ein wissenschaftliches Gutachten zur Bewertung von Acrylamid in Lebensmitteln. Aufgrund von Tierstudien bestätigt die EFSA, dass Acrylamid in Lebensmitteln das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen potenziell erhöhen kann. Mit der Nahrung aufgenommenes Acrylamid wird in der Leber zu Glycidamid umgewandelt.
Acrylamid und sein Stoffwechselprodukt Glycidamid können das Genmaterial verändern oder schädigen und Krebs hervorrufen. Dies konnte in Tierversuchen an Ratten und Mäusen gezeigt werden. Ergebnisse aus Studien am Menschen geben begrenzte und unschlüssige Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko im Zusammenhang mit Acrylamid in der Ernährung. So konnten zwar Hinweise für ein erhöhtes Krebsrisiko (Niere, Gebärmutterschleimhaut und Eierstöcke) gefunden werden – weitere Forschungen sind jedoch notwendig.
Generell gilt – zu viel Acrylamid ist potenziell gesundheitsschädigend und die Aufnahme sollte so gering wie möglich sein. Laut einer Konsumabschätzung der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) nehmen Erwachsene den größten prozentuellen Anteil an Acrylamid
Ab heute, 11. April, gelten neue Richtwerte für Acrylamidgehalt
über Kartoffelchips (27%), Lebkuchen (18%) und Rösti bzw. Kroketten (16%) auf. Die Acrylamidaufnahme aus Kaffee spielt eine untergeordnete Rolle. Laut AGES stammen bei Erwachsenen nur fünf Prozent der Gesamtaufnahme aus Kaffee und löslichem Kaffee, vergleichbar mit der Menge, die auch durch Brot, Zwieback und Kekse zugeführt wird.
Allgemein gilt, dass Kaffeeerzeugnisse auf Basis von Robusta-Bohnen einen tendenziell höheren Acrylamidgehalt haben als Erzeugnisse auf Basis von Arabica-Bohnen. Auch Kaffeeersatzprodukte auf Getreide- und Zichorienbasis enthalten durch die Röstung Acrylamid.
Ab heute, 11. April 2018, gelten neue Richtwerte der EU-Kommission für Minimierungsmaßnahmen und Richtwerte für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln. Diese sollen für eine weitere Reduktion des Acrylamidgehalts in verarbeiteten Lebensmitteln sorgen. Es wurden auch die Richtwerte für Röstkaffee, Löskaffee und Kaffeeersatzprodukte auf Getreide- und Zichorienbasis gesenkt.
Aufgrund der Zubereitung vor dem Konsum spielt selbst bei höherem Kaffeekonsum der Acrylamidgehalt im Kaffee nur eine untergeordnete Rolle. Die in vielen Studien aufgezeigten positiven Effekte des Kaffeekonsums treten in den Vordergrund. Selbst die International Agency for Research on Cancer (IARC) der WHO stufte Kaffee als nicht krebserregend ein. Unter Berücksichtigung von mehr als 1000 Studien an Menschen und Tieren wurden keine ausreichenden Beweise für eine potenzielle Karzinogenität von Kaffee gefunden. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass der Kaffeekonsum keinen karzinogenen Effekt in Bezug auf Bauchspeicheldrüsen-, Brust- und Prostatakrebs hatte. Im Gegenteil, es wurde ein reduziertes Krebsrisiko für Leberkrebs und Krebs der Gebärmutterschleimhaut gefunden. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass sich ein moderater Kaffeekonsum positiv auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit auswirkt und das Risiko reduziert, an Typ-2-Diabetes, Parkinson oder Alzheimer-Demenz zu erkranken.
Viel wichtiger erscheint es daher auch im privaten Haushalt bei der Zubereitungsmethode auf acrylamidarmes Backen, Braten und Frittieren zu achten. Generell gilt: Je stärker Lebensmittel gebräunt sind, desto mehr Acrylamid ist enthalten. Deshalb sollte eine zu starke Bräunung der Produkte vermieden werden. – Beim Backen gilt, dass ab 175 °C die Acrylamid-Werte stark ansteigen. Daher die Backzeit bei diesen Temperaturen so kurz wie möglich halten! – Vermeiden Sie ein zu dunkles Anbraten. – Überschreiten Sie beim Frittieren 175 °C nicht und halten Sie die Frittierzeit so kurz wie möglich. Univ.-Prof. Prim. Dir. Dr. Friedrich Hoppichler, Facharzt für Innere Medizin, Additivfacharzt für Endokrinologie, Stoffwechsel & Diabetes sowie Kardiologie, Vorstand der Abteilung Innere Medizin, Ärztlicher Leiter Krankenhaus Barmherzigen Brüder Salzburg und Vorstand von SIPCAN – Initiative für ein gesundes Leben.