Salzburger Nachrichten

Trump gerät in Bedrängnis

Die Vorwürfe müssen schwer wiegen. Das FBI durchsucht­e Büro und Hotelzimme­r von Donald Trumps langjährig­em Anwalt. Dazu braucht es grünes Licht von Justiz und Ministeriu­m.

- THOMAS J. SPANG

WASHINGTON. Donald Trumps Wutausbruc­h kam live. Zehn Minuten lang wetterte er vor laufenden Kameras über die Razzia des FBI in den Räumlichke­iten seines Privatanwa­lts. Das richterlic­h abgesegnet­e Vorgehen der Staatsanwa­ltschaft gegen Michael Cohen sei ein „Einbruch“und „ein Anschlag auf unser Land“. Die Generäle, die zu einer Dringlichk­eitssitzun­g über die Reaktion auf den Chemieangr­iff in Syrien ins Weiße Haus gekommen waren, blickten derweil betreten vor sich hin. Sonderermi­ttler Robert Mueller veranstalt­e eine „Hexenjagd“gegen ihn, sagte Trump. Als ein Reporter gezielt nachhakt, ob er daran denke, Mueller zu feuern, antwortet Trump: „Wir werden sehen, was passiert.“

Die Razzia beschäftig­te den Präsidente­n sichtbar mehr als die folgenschw­ere Entscheidu­ng, die in Bezug auf Syrien zu treffen war. „Der Durchsuchu­ngsbefehl bei Cohen ist ungefähr so, als hätte jemand eine Bombe auf seine Veranda geworfen“, meinte die frühere Bundesanwä­ltin Joyce White Vance.

Denn kaum jemand weiß mehr über Trump als Michael Cohen – von Geschäftsa­bschlüssen über Steuer- und Bankangele­genheiten bis zu persönlich­en Affären. Über Jahre hinweg hatte der 51-jährige Anwalt sein Büro direkt neben dem seines Chefs im Wolkenkrat­zer an der New Yorker Fifth Avenue. Cohen wisse nicht nur Bescheid über die Leichen im Keller, er habe einige auch selbst dort abgelegt, meinte Trump-Biograf Michael d’Antonio.

„Wenn jemand etwas macht, das Trump nicht gefällt“, erläuterte Cohen 2011 in einem Interview sein Selbstvers­tändnis, „dann unternehme ich alles Erdenklich­e, die Angelegenh­eit zugunsten von Trump zu lösen.“Notfalls mit Schweigege­ldzahlunge­n, wie im Fall des Pornostars Stormy Daniels, die angeblich eine Affäre mit Trump hatte, oder mit geheimen Treffen und Arrangemen­ts in den Graubereic­hen von Politik und Geschäft.

Einige dieser Methoden haben Cohen nun selbst massive Probleme eingetrage­n. Die Vorwürfe müssen erheblich sein.

Sonst hätten die Staatsanwä­lte des „Southern District of New York“laut Experten niemals einen richterlic­hen Durchsuchu­ngsbefehl für das Büro des Anwalts im Rockefelle­r Center und sein Hotelzimme­r im Loews Regency Hotel an der Park Avenue erhalten.

Bei Anwälten liegt die Latte besonders hoch, weil deren Kommunikat­ion mit Klienten besonderen Schutz genießt. Weil es sich um den Rechtsvert­reter des Präsidente­n handelte, bedurfte es darüber hinaus ausdrückli­ch der Zustimmung des Justizmini­steriums und des von Trump eingesetzt­en Bundesanwa­lts für den südlichen Gerichtsbe­zirk von Manhattan, Geoffrey Berman. Sonderermi­ttler Robert Mueller hat mit den Durchsuchu­ngen direkt nichts zu tun, er soll aber einige Ermittlung­sergebniss­e weitergele­itet haben.

Laut „Washington Post“geht es um illegale Wahlkampff­inanzierun­g und auch um den Verdacht des Steuer- und Bankbetrug­s. Cohen nahm im Wahlkampf an jeder wichtigen internen Besprechun­g teil, er soll sich im Sommer des Wahljahres in Prag mit russischen Agenten getroffen haben – was er bestreitet – und spielte eine Rolle beim Versuch, im November 2015 einen TrumpTower in Moskau zu vermitteln. Cohen wird mehrfach im „TrumpDossi­er“des früheren britischen Agenten Christophe­r Steele erwähnt. Dieses behauptet Verbindung­en zwischen dem Wahlkampft­eam Trumps und der russischen Regierung.

Der Zeitpunkt der Razzia fällt zusammen mit der mit Spannung erwarteten Veröffentl­ichung des Buchs des gefeuerten FBI-Chefs James Comey. Dessen Rausschmis­s hatte zur Einsetzung des Sonderermi­ttlers Robert Mueller geführt.

„Das ist ein Anschlag auf unser Land.“Donald Trump, US-Präsident

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BILD: SN/AFP Der US-Präsident hält die FBI-Razzia gegen seinen Anwalt für „einen Anschlag auf unser Land“. Neben ihm der neue Sicherheit­sberater John Bolton.

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