Trump gerät in Bedrängnis
Die Vorwürfe müssen schwer wiegen. Das FBI durchsuchte Büro und Hotelzimmer von Donald Trumps langjährigem Anwalt. Dazu braucht es grünes Licht von Justiz und Ministerium.
WASHINGTON. Donald Trumps Wutausbruch kam live. Zehn Minuten lang wetterte er vor laufenden Kameras über die Razzia des FBI in den Räumlichkeiten seines Privatanwalts. Das richterlich abgesegnete Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Michael Cohen sei ein „Einbruch“und „ein Anschlag auf unser Land“. Die Generäle, die zu einer Dringlichkeitssitzung über die Reaktion auf den Chemieangriff in Syrien ins Weiße Haus gekommen waren, blickten derweil betreten vor sich hin. Sonderermittler Robert Mueller veranstalte eine „Hexenjagd“gegen ihn, sagte Trump. Als ein Reporter gezielt nachhakt, ob er daran denke, Mueller zu feuern, antwortet Trump: „Wir werden sehen, was passiert.“
Die Razzia beschäftigte den Präsidenten sichtbar mehr als die folgenschwere Entscheidung, die in Bezug auf Syrien zu treffen war. „Der Durchsuchungsbefehl bei Cohen ist ungefähr so, als hätte jemand eine Bombe auf seine Veranda geworfen“, meinte die frühere Bundesanwältin Joyce White Vance.
Denn kaum jemand weiß mehr über Trump als Michael Cohen – von Geschäftsabschlüssen über Steuer- und Bankangelegenheiten bis zu persönlichen Affären. Über Jahre hinweg hatte der 51-jährige Anwalt sein Büro direkt neben dem seines Chefs im Wolkenkratzer an der New Yorker Fifth Avenue. Cohen wisse nicht nur Bescheid über die Leichen im Keller, er habe einige auch selbst dort abgelegt, meinte Trump-Biograf Michael d’Antonio.
„Wenn jemand etwas macht, das Trump nicht gefällt“, erläuterte Cohen 2011 in einem Interview sein Selbstverständnis, „dann unternehme ich alles Erdenkliche, die Angelegenheit zugunsten von Trump zu lösen.“Notfalls mit Schweigegeldzahlungen, wie im Fall des Pornostars Stormy Daniels, die angeblich eine Affäre mit Trump hatte, oder mit geheimen Treffen und Arrangements in den Graubereichen von Politik und Geschäft.
Einige dieser Methoden haben Cohen nun selbst massive Probleme eingetragen. Die Vorwürfe müssen erheblich sein.
Sonst hätten die Staatsanwälte des „Southern District of New York“laut Experten niemals einen richterlichen Durchsuchungsbefehl für das Büro des Anwalts im Rockefeller Center und sein Hotelzimmer im Loews Regency Hotel an der Park Avenue erhalten.
Bei Anwälten liegt die Latte besonders hoch, weil deren Kommunikation mit Klienten besonderen Schutz genießt. Weil es sich um den Rechtsvertreter des Präsidenten handelte, bedurfte es darüber hinaus ausdrücklich der Zustimmung des Justizministeriums und des von Trump eingesetzten Bundesanwalts für den südlichen Gerichtsbezirk von Manhattan, Geoffrey Berman. Sonderermittler Robert Mueller hat mit den Durchsuchungen direkt nichts zu tun, er soll aber einige Ermittlungsergebnisse weitergeleitet haben.
Laut „Washington Post“geht es um illegale Wahlkampffinanzierung und auch um den Verdacht des Steuer- und Bankbetrugs. Cohen nahm im Wahlkampf an jeder wichtigen internen Besprechung teil, er soll sich im Sommer des Wahljahres in Prag mit russischen Agenten getroffen haben – was er bestreitet – und spielte eine Rolle beim Versuch, im November 2015 einen TrumpTower in Moskau zu vermitteln. Cohen wird mehrfach im „TrumpDossier“des früheren britischen Agenten Christopher Steele erwähnt. Dieses behauptet Verbindungen zwischen dem Wahlkampfteam Trumps und der russischen Regierung.
Der Zeitpunkt der Razzia fällt zusammen mit der mit Spannung erwarteten Veröffentlichung des Buchs des gefeuerten FBI-Chefs James Comey. Dessen Rausschmiss hatte zur Einsetzung des Sonderermittlers Robert Mueller geführt.
„Das ist ein Anschlag auf unser Land.“Donald Trump, US-Präsident