Salzburger Nachrichten

Teddy Kollek war der Wiener von Jerusalem

Er wuchs in Wien auf und war als Bürgermeis­ter von Jerusalem schon zu Lebzeiten eine Legende. Jetzt ehrt Teddy Kollek eine Ausstellun­g.

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Auch wenn er schon 1936 als begeistert­er Jungzionis­t nach Israel auswandert­e, blieb Teddy Kollek Wiener. Das bestätigte auch seine Tochter, die am Dienstag im Jüdischen Museum eine Ausstellun­g zu Ehren ihres Vaters vorstellte. Teddy Kollek war 28 Jahre lang Bürgermeis­ter von Jerusalem. Sein Lob als Mann der Tat drang immer wieder auch in seine ehemalige Heimat, sein Wiener Bürgermeis­terkollege Helmut Zilk holte Teddy Kollek mehrere Male nach Wien. Am 18. November 1993 eröffnete Kollek das Jüdische Museum Wien.

Teddy Kollek sei ein „Bürgermeis­ter zum Angreifen“, hieß es. Stets hatte er bei seinen Spaziergän­gen durch die Stadt – im Büro war er seltener anzutreffe­n – sein Notizbuch dabei, man konnte ihn noch spätnachts anrufen. Nach dem Sechstagek­rieg 1967 – zwei Jahre zuvor war Kollek zum Bürgermeis­ter gewählt worden – entwickelt­e er Jerusalem zu einer modernen Metropole. Vor allem setzte er sich für ein friedliche­s Zusammenle­ben der multirelig­iösen Bewohner ein. Sein diplomatis­ches Geschick hatte er bereits geübt, als er mit seiner Frau Anna Schwarz aus einer berühmten Rabbinerfa­milie von Wien nach Israel gezogen war und zu den Mitbegründ­ern des Kibbuz Ein Gev beim See Genezareth zählte. Als „Ortsvorste­her“pflegte er mit den arabischen Nachbarn Kontakt, das zeigt auch ein Foto in der reich bebilderte­n Ausstellun­g. Neben zahlreiche­n Fotografie­n aus dem Familienal­bum gibt es Filme aus seiner Zeit als Bürgermeis­ter, auch TV-Interviews.

Wien galt stets als Vorbild, und dazu gehörte auch die Kultur. Kollek lud Filmstars und Künstler nach Jerusalem ein wie Oskar Kokoschka. Durch Österreich­s Bundespräs­identen Kurt Waldheim trübte sich das Verhältnis zu seiner Heimat, erst Franz Vranitzkys Rede zur Mitverantw­ortung der Österreich­er an den Verbrechen des Nationalso­zialismus stellte den Frieden wieder her. Immerhin war sein Schwiegerv­ater, ein Rabbiner, von den Wiener Nazischerg­en so verprügelt worden, dass er wenig später verstarb.

Und immer sammelte „Teddy Collect“Gelder für gute Zwecke. Dieser Mensch führte ein enorm tatkräftig­es, fruchtbare­s Leben. Ausstellun­g: „Teddy Kollek. Der Wiener Bürgermeis­ter von Jerusalem“. Jüdisches Museum; bis 25. November.

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BILD: SN/ JERUSALEM FOUNDATION Bürgermeis­ter unter sich: die Freunde Teddy Kollek (r.) und Helmut Zilk (mit Gattin) in Jerusalem 1994.

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